Das Ende einer Posse

Nach dem Abstieg der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft in die B-Gruppe ist Bundestrainer Greg Poss nicht mehr zu halten. Der geeignete Nachfolger steht schon parat: Hans Zach

VON CHRISTIANE MITATSELIS

Zur Situationsbeschreibung nutzte Franz Reindl in den vergangenen Tagen gerne einen Kurzsatz: „Es ist bitter“, sagte der gebeutelte Sportdirektor des deutschen Eishockey-Bundes (DEB) bei der Weltmeisterschaft täglich mindestens zehnmal, nachdem der Untergang der deutschen Auswahl perfekt war, kulminierte Reindls Frust in einen Klageruf: „Das ist eine ganz bittere Stunde für den deutschen Eishockey und nur sehr schwer zu verkraften.“ Unter Anleitung von Bundestrainer Greg Poss ist das deutsche Team zum fünften Mal nach 1964, 1968, 1973 und 1998 in die zweite Klasse abgestürzt. Aufsteiger Slowenien sicherte sich durch einen 6:2-Sieg am Mittwoch in Innsbruck zum Abschluss der WM-Relegation gegen Gastgeber Österreich den letzten Platz in der A-Gruppe.

Danach stellte Reindl fest: „All unsere Planungen sind über den Haufen geworfen.“ Weshalb in den nächsten Tagen intensive Fehleranalyse betrieben werden müsse. Und: „Natürlich werden wir auch über den Trainer sprechen.“ Mit einigem Sarkasmus fügt Reindl gar hinzu: „Es lag nicht an einzelnen Spielern. Dieser deutschen Mannschaft hätte auch Wayne Gretzky nicht helfen können.“ Man konnte dem Sportdirektor leicht folgen: Vermutlich hätte sich selbst „The Great One“ von der allgemeinen Panik im Poss-Team anstecken lassen.

Fest steht: Spektakulärer als Greg Poss kann ein Trainer nicht scheitern. Die Diskrepanz zwischen den von ihm formulierten Zielen und den tatsächlichen Erfolgen ist atemberaubend. Der 39-jährige US-Amerikaner, der im Herbst 2004 die Nachfolge von Hans Zach als Bundestrainer angetreten war, wollte mit der deutschen Mannschaft aufbrechen in eine wunderbare Zukunft. Attraktives Offensivspiel sowie WM-Halbfinale lauteten die Versprechungen. Die Spieler müssten nur an sich glauben und sein System verinnerlichen, verkündete Poss in der Art eines Sektenpredigers immer wieder.

Die Realität bei der WM in Österreich sah hingegen so aus: Die nicht unbedingt für ihre Laufstärke berühmten DEB-Profis wurden ständig ausgekontert. Von der einstigen Kampfstärke und Robustheit der Mannschaft blieb nichts übrig. Zu allem Überfluss modifizierte Poss sein Spielsystem manchmal sogar während einer Partie mehrere Male. Die Spieler kannten ihre Laufwege nicht mehr und rumpelten sich oft gegenseitig über den Haufen. „Man muss schauen, was für Spieler man hat, und danach sein System ausrichten“, sagt Reindl nun. Es ist eine recht späte Erkenntnis.

Dabei hätte das Desaster durchaus verhindert werden können. Denn schon bei den ersten Testspielen hatte sich angedeutet, dass Poss nicht der richtige Bundestrainer ist. Reindl, der ehemalige Eishockey-Nationalspieler, hatte von Anfang an Bedenken gegen den Coach, konnte sich jedoch nicht gegen DEB-Präsident Hans-Ulrich Esken durchsetzen. Der gutgläubige Richter aus Dortmund lauschte nur zu gern den Poss’schen Reden von blühenden Eishockey-Landschaften. „Wir müssen uns weiterentwickeln“, lautete Eskens Credo.

Nun darf sich die deutsche Mannschaft im kommenden Jahr bei der B-Weltmeisterschaft mit Teams wie Israel und Kroatien auseinander setzen. Die beiden Länder gehören 2006 nach ihrem Aufstieg aus der C-Gruppe ebenso zu den möglichen deutschen Gegnern wie Polen, Ungarn, Japan, Großbritannien, Frankreich, die Niederlande, Estland und Litauen. In zwei Sechser-Gruppen werden die Mannschaften beim Turnier eingeteilt, die beiden Gruppen-Ersten steigen auf.

Wer die Nationalmannschaft künftig coachen wird, weiß noch niemand. Klar ist nur, dass es nach dem Österreich-Debakel mit Poss nicht weitergehen kann. Viele, wohl auch Reindl, wünschen sich Altbundestrainer und Haie-Coach Hans Zach zurück. Der Alpenvulkan weilt derzeit im Heimaturlaub in Bad Tölz und gibt sich bedeckt. „Klar ist nur, dass ich nächste Saison Trainer der Kölner Haie sein werde“, sagt der 56-jährige Defensivspiel-Liebhaber, der mit der Nationalmannschaft dreimal das WM- sowie einmal das olympische Viertelfinale erreichte. Zach sagt aber auch: „Wenn der DEB auf mich zukommt, werde ich ein Gespräch führen.“ Der DEB sollte nicht lange zögern.