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Archiv-Artikel

Das Ding, das kommt Aus der anderen Welt

Vom THEREMIN und anderen sowjetischen Elektro-Instrumenten erzählt der Filmessay „Elektro Moskva“: Eine Hommage an den genial-wundersamen Erfindergeist

Von MATT

Da kommt es, das „Ding aus einer anderen Welt“. Untermalt mit diesem seltsam leiernden Klang, irgendwo zwischen einer ätherischen Frauenstimme und einem sonoren Cello, erzeugt mit einem Instrument, das selbst aussieht wie ein Ding aus einer anderen Welt.

Vertont wurde die Furcht vor dem Alien im Sci-Fi-Klassiker von 1951 nämlich mit einem geheimnisvollen Holzkasten mit zwei Antennen, der mit geisterhaftem Herumgefuchtel in der Luft gespielt wurde: Töne erzeugt das Theremin, weil die elektrische Kapazität des menschlichen Körpers ein elektromagnetisches Feld beeinflusst.

1920 hatte der russische Physiker Lew Sergejewitsch Termen das erste Instrument, das Töne elektronisch erzeugte, am physikalisch-technischen Institut in Petrograd erfunden und „Ätherophon“ getauft – kurz danach gab Lenin die Parole aus: „Kommunismus ist Sowjetmacht plus Elektrifizierung des ganzen Landes.“ Zwei Jahre später präsentierte Termen den Synthesizer-Wegbereiter in Moskau. Lenin war von dem Gerät, das so eindrucksvoll Zukunft und Fortschritt symbolisierte, begeistert und ließ sich von Termen selbst im Spiel unterrichten.

Der ging 1928 in die USA, nannte sich Leon Theremin und baute eine Art Sci-Fi-Studio auf, in dem er reichen Gönnern allerhand revolutionäre Spielsachen präsentierte.

Warum er 1938 wieder in die andere Welt zurückkehrte, ist unklar. Aber kurze Zeit später wurde Theremin wegen „antisowjetischer Propaganda“ verhaftet. Er verschwand für 27 Jahre in Lagern und Gefängnissen, wo er weiter forschte und eine der ersten Wanzen für den KGB entwickelte. Dafür bekam er den Stalinpreis – ein Jahr nachdem „Das Ding aus einer anderen Welt“ in die Kinos gekommen war.

Als Theremin zwölf Jahre später freikam, war er in der westlichen Welt fast vergessen: Dort glaubte man, er sei 1938 gestorben. In der UdSSR wiederum wollte man sich nicht erinnern: Noch in den 1990ern behauptete das physikalisch-technische Institut in Petrograd, nie einen solchen Mitarbeiter beschäftigt zu haben. Aber da war der „sowjetische Faust“ längst international wieder aufgetaucht, führte sein Instrument, als über 90-Jähriger, wieder weltweit vor und erlangte noch mal späten Ruhm.

Es sind Helden der sowjetischen Elektromusikgeschichte wie Theremin und ihre Erfindungen – allesamt Abfallprodukte der Militärindustrie –, denen Dominik Spritzendorfer und Elena Tikhonova ihren Filmessay „Elektro Moskva“ gewidmet haben – und denen, die jene Entdeckungen heute wiederentdecken. Ein Film über den genial-wundersamen Erfindergeist, der trotz – oder vielleicht gerade wegen – Mangelwirtschaft und Repression gedeiht.  MATT

■ Dokumentarfilmsalon: Di, 10. 2., 20 Uhr, Hamburg, B-Movie