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■ Das 4. Berliner Froschrennen„Vorwärts Berta – Frauenpower!“

Berlin (taz) – Samstag abend, Berlin Mitte. Wie beim Pferdewetten erhält auch der Froschrennfreund vor den Wettläufen die Gelegenheit, seinen Favoriten Auge in Auge gegenüberzustehen. Aus Insiderkreisen hieß es, die dunkelsten Frösche seien am schwersten zu fangen gewesen und daher wohl auch die schnellsten. In einem geräumigen Terrarium sind sie ausgestellt: Der 45 Gramm leichte amtierende Weltmeister Freddy Schenkel, Sancho Panza, 43 Gramm, Carlo Laich, Ottilie von Tempel, die immerhin 56 Gramm auf die Waage bringt, und all die anderen hopsen sich schon einmal warm. Toni Teich, die Dicke Berta, Kermit und Bruno Mückenschreck sind für den ersten Durchlauf bereit.

Ein Rennleiter trägt die mit bunten Gummibändchen gekennzeichneten Tiere auf einem Tortenteller in die Arena. Die Zuschauer, die dicht gedrängt an der als Froschrennstrecke umfunktionierten Minigolfbahn lauern, begrüßen ihre Stars mit lautem Gegröle. In den ersten zwei Minuten passiert rein gar nichts. Aber plötzlich setzt sich mein Favorit, Kermit (wer sonst?), in Bewegung. „Ihr müßt lauter brüllen, Leute, die Frösche wollen richtig angefeuert werden!“ mahnt der Rennleiter, woraufhin das Getöse noch größer wird. Mäßiger Erfolg. Denn Frösche haben ja bekanntlich keine Ohren. „Vorwärts Berta – Frauenpower!“ höre ich zu meiner Linken von einer Frau, die gerade fünf Mark in die Dicke Berta investiert hat. Diese macht dann – wohl eher zufällig – tatsächlich einen gewaltigen Satz nach vorne, woraufhin sich Kermit ebenfalls wieder auf den Weg macht: nur leider in die falsche Richtung.

In den folgenden Minuten tut sich nichts, von einem „Rennen“ kann nicht die Rede sein, denn Frösche kennen keinen Ehrgeiz. Als nach zehn Minuten immer noch keiner das Ziel erreicht hat, gewinnt derjenige, der am nächsten dran ist. In diesem Fall macht die Dicke Berta aus Brunsbüttel das Rennen. Kermit, der zu diesem Zeitpunkt immer noch vollkommen eingeschüchtert hinter der Startlinie kauert, ist eine herbe Enttäuschung. Bunte Wettzettel werden zerrissen und auf die Bahn geworfen. Aber keine Panik: Neues Spiel, neues Glück – sieben weitere Läufe werden noch folgen.

Das erste Berliner Froschrennen wurde im Jahr 1991 ins Leben gerufen und fand unter noch stark zu modifizierenden Bedingungen statt. „Fatalerweise hatten wir unsere erste Bahn mit einer russischen Farbe angestrichen, die nach zwölf Stunden noch nicht ganz ausgedünstet war und einen üblen Geruch verbreitete“, bedauert Christian von Bogdandy, einer der Wettveranstalter der ersten Stunde, den Vorfall. Das hatte überdies zur Folge, daß die armen berauschten Tierchen sich kaum bewegten und das Publikum einen Fall von Doping witterte. „Aufgrund dieses teilweise recht quälend langen Rennens haben wir die Bahn gekürzt und das Zeitlimit festgesetzt.“

Aufheulende Tierschützer seien an dieser Stelle beruhigt: Der Reinerlös des alljährlichen „Frog- Ups“ wird dem Naturschutzverein übersandt. Vor dem Rennen werden die Frösche artgerecht verwahrt und mit eiweißhaltiger Kost versorgt. „Sie standen neben meinem Bett, und ich habe ihnen immer Würmer aus einem Anglergeschäft besorgt“, erklärt Bogdandy, der vor der Veranstaltung für das Wohl der Tiere verantwortlich war. Auch versicherten die Veranstalter glaubhaft, daß sie keinerlei Kontakte zu französischen Feinschmeckerlokalen unterhalten. Unversehrt werden die Hüpfer im Zuge einer „Frog-Release-Party“ ihrem Heimattümpel übergeben, wo sie schon heute wieder streßfrei quaken. Kirsten Niemann

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