■ Darf Sport extrem sein?: „Wenn Leute den Kick fürs Leben brauchen“
Jan, 30 Jahre, Licht- und Tontechniker
Bungee-Jumping finde ich bescheuert. Ich halte nichts davon, mich an ein Gummiband zu hängen und irgendwo runterzuspringen. Angst vorm Sterben habe ich nicht, aber ich vertraue den Leuten und der Technik nicht so. Ich fahr auch nicht Achterbahn, wo man mit x-fachem Körpergewicht in den Sitz gedrückt wird. Das ist alles nur so ein Trend, irgendwann ist damit auch wieder Feierabend.
Sabine Kleinert, 39 Jahre, Religionspädagogin
Viele junge Leute glauben wohl, mit solchen Angeboten ihrem Leben eine neue Wichtigkeit geben zu können. Es ist ja sonst kaum noch ein Platz in unserer Gesellschaft für sie vorhanden. Dann driften sie ab in entlegenere Bereiche. Wenn sie mit dem Tod spielen, können sie für sich selbst einen neuen Standpunkt finden. Es ist schlimm, daß die Gesellschaft die Jugendliche zu so was treibt.
Olaf Järig, 21 Jahre, Student
Extremsportarten finde ich okay, viele brauchen den Kick, wollen ihre Grenzen austesten. Manche gehen aber zu weit, wie beim U- Bahn-Surfen. Ich brauche so was nicht mehr. Highspeed-Skiing, Bunkerklettern oder Autorennen kann ich mir eher vorstellen, da kann ich das Risiko noch einschätzen. Freunde von mir machen Fallschirmspringen, aber der Sprung ins Leere ist nicht meine Sache.
Günter Reuß, 61 Jahre, Personalrat
Sicherlich ist der Reiz die Gefahr. Ich war auch nicht der Zahmste, bin auf die dünnsten Äste raufgeklettert. Gleitfliegen hätte ich früher gerne ausprobiert. Diese neuen Dinge halte ich für gesundheitsschädigend. Und das Agressionspotential der Jugendlichen wird eher erhöht. Wenn meine Kinder Bungee-Jumpen wollten, würde ich es ihnen nicht verbieten, sondern mit ihnen diskutieren.
Romy Seibt, 21 Jahre, Schülerin
Die Höhe reizt mich. Ich habe zwölf Jahre Turmspringen gemacht. Den Superswing am Potsdamer Platz bin ich schon über zwanzig Mal gesprungen. Es ist toll, die Angst zu überwinden. Bungee-Jumping? Ich weiß nicht, da passiert schon ganz schön viel. Man ist so ausgeliefert. Höchstens ins Wasser würd ich springen. Mir ist wichtig, daß ich die Leute kenne und weiß, daß eine Sache sicher ist.
Gislinde Geißler, 55 Jahre, Lehrerin
Wenn manche Leute den Kick brauchen fürs Leben, müssen sie so was halt machen. Ich wundere mich immer, was beim Freizeitsport noch alles erfunden wird, vom Felsenklettern bis zum Sport im Wasserfall. Da frage ich mich, ob es denen zu gut geht. Ich hab' da andere Probleme. Ich bin zufrieden, wenn ich den Alltag bewältige. Vielleicht wird diese Mode bald durch eine andere ersetzt.
Umfrage: Anne-Kathrin Schulz
Fotos: Boris Geilert/G.A.F.F.
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