Damit sie nicht draußen herumlaufen :
Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss (PUA) Feuerbergstraße schlägt spätestens seit dem Beugehaftantrag für Justizsenator Roger Kusch (CDU) sehr hohe Wellen. Dabei gerät aus dem Blick, worum es eigentlich geht: die Jugendlichen. Über einzelne Schicksale der über 30 Jungen, die in dem 2003 von Schwarz-Schill errichteten Heim eingeschlossen werden, darf die Öffentlichkeit aus Gründen des Sozialdatenschutzes nichts erfahren. Das ist teilweise nachvollziehbar, doch ohne die Interviews mit zwei Jugendlichen, die im Dezember 2004 flohen und über ruppige Betreuung durch Sicherheitsdienste und Ruhigstellung durch Psychopharmaka klagten, wäre es gar nicht erst zum PUA gekommen. Die taz hat sich deshalb nun entschlossen, nachfolgend Auszüge aus einer Jugendakte in anonymisierter Form zu publizieren: Namen und Orte wurden geändert oder abgekürzt, das Alter des Jungen wird verschwiegen, die Zitate aus der Akte werden unverändert – ohne orthographische Korrekturen – dokumentiert. Der Fall Marvin illustriert die Kritik des Jugendhilferechtsexperten Christian Bernzen, der im Auftrag der Sozialbehörde im Dezember 2005 ein Gutachten erstellte. Danach würden etwa die Hälfte der Jungen im Geschlossenen Heim Feuerbergstraße (Foto rechts) pädagogisch nicht erreicht, aber dennoch dort festgehalten. Grund sei die politische Vorgabe, für jeden auffälligen Jungen eine Lösung zu finden. Deshalb kämen auch Jungen dorthin, die die Psychiatrie abgelehnt hat, „damit sie nicht draußen herumlaufen“. Der Gutachter nennt dies „rechtswidrig“. KAJ