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Archiv-Artikel

… JUDITH HOLOFERNES? Daherreden

Von CLP

Wer das Bedürfnis hat, sich von Berlin zu entlieben, muss bekanntlich die Süddeutsche lesen. Wobei die SZ ja nicht ständig über die ferne Bonzenhauptstadt meckert, nein, sie lanciert lieber in größeren Abständen abgrundtief böse Schmähartikel.

Am Donnerstag war’s wieder so weit: Auf Seite drei rammte man den mutmaßlich diktatorischen Zoochef Blaszkiewitz unangespitzt in den Boden (natürlich bloß metaphorisch – wer Blaszkiewitz kennt, weiß, dass das praktisch kaum umsetzbar wäre).

Noch mehr schmerzte aber ein Interview im Feuilleton: Judith Holfelder aka Holofernes von „Wir sind Helden“ schwadronierte über Kreuzberg und die Welt, wobei Letztere aus ihrer Sicht gleich hinter der Bezirksgrenze endet und möglicherweise erst kurz vor Freiburg wieder beginnt. Denn die „bunte Multikultiblase“ Kreuzberg, in der sich das sexy Gesicht der Kapitalismuskritik sauwohl fühlt, die eigenen Kinder aber nur einschulen will, wenn die Migrantenquote der Klasse unter 60 Prozent sinkt (Eltern, die den Nachwuchs auf die evangelische Schule schicken, sind trotzdem „scheinheilig“), diese Blase also ist ihr ein echtes Refugium.

Denn: „Ich kann mit meinem Mann, mit seinen dunklen Haaren und dem Bart, nicht einfach einen Wochenendausflug ins Umland machen“, sagt Holofernes. „Einige Menschen aus unserem Umfeld haben schlechte Erfahrungen gemacht, die wir uns ersparen wollen.“ Für Holfelder und Sebastian „Pola“ Roy sind Liepnitzsee oder Flaeming-Skate tabu, weil sie Übergriffe befürchten? Das Thema eignet sich nicht für flache Witze, aber, sorry, das klingt nach einer auf Biegen und Brechen herbeifabulierten Opferrolle – wenn’s nicht bloß wichtigtuerisches Geplapper war.

Mit dem Blaszkiewitz-Report demontiert die SZ eine öffentliche Figur – andere erledigen das lieber selbst. CLP

Foto: Billy&Hells