Dänen verurteilt wegen Farc-Aufdruck: 6 Monate Haft für Terror-T-Shirts
Ein dänisches Gericht verurteilt sechs Aktivisten zu Haftstrafen, weil sie die Symbole der kolumbianischen Farc und der palästinensischen PFLP auf T-Shirts druckten.
STOCKHOLM taz Mit Haftstrafen von bis zu sechs Monaten wurden am Donnerstag in Kopenhagen sechs der sieben Angeklagten im dänischen "T-Shirt-Prozess" verurteilt. Das "Østre Landsret" bewertete es als Verstoß gegen das Antiterrorgesetz, dass die politische Gruppe "Fighters + Lovers", T-Shirts produzierte und verkaufte, auf die Symbole der kolumbianischen Farc-Guerilla und der palästinensischen Befreiungsfront PFLP gedruckt waren und den Verkaufserlös diesen Organisationen spenden wollte. Unterstützung terroristischer Gruppen kann in Dänemark mit Gefängnis von bis zu 10 Jahren bestraft werden.
Die "Fighters + Lovers"-AktivistInnen hatten im Januar 2006 den T-Shirt-Verkauf nach Aussage von Katrine Willumsen, Sprecherin der Gruppe, "als Solidaritätsarbeit für Befreiungsbewegungen" begonnen. 37 Kronen des Verkaufspreises von 170 Kronen waren Verdienst. Dieser Erlös sollte an eine Farc-Radiostation zum Kauf eines Mikrofons und an eine Druckerei der palästinensischen PFLP gespendet werden. Insgesamt kamen 24.982 Kronen (etwa 3.000 Euro) zusammen, bis die Polizei den Verkauf mit der Begründung stoppte, Farc und PFLP seien auf der EU-Terrorliste als terroristische Vereinigungen aufgeführt. Ihre Unterstützung sei damit strafbar. Der Verkaufserlös wurde beschlagnahmt.
In erster Instanz waren die sieben Angeklagten im Dezember vergangenen Jahres freigesprochen worden. Begründung: Für das Gericht stehe nicht fest, dass diese Organisationen das Ziel hätten, ihre Länder zu destabilisieren, deren gesellschaftliche Strukturen zu zerstören oder die Bevölkerung einzuschüchtern. Die Definition von "Terror" sei damit nicht erfüllt. An die entgegenstehende Einordnung beider Organisationen durch die Terrorliste der EU sah sich das Gericht nicht gebunden.
Das von der Staatsanwaltschaft angerufene Berufungsgericht sieht die Sache nun anders. Tatsächlich hätten die beiden Organisationen das Ziel, die Regierungen in Kolumbien und Israel zu destabilisieren. Deren Aktionen hätten viele zivile Opfer gekostet. Die Tatsache, dass "Fighters + Lovers" das Geld nicht für Waffen, sondern ausdrücklich für friedliche Zwecke spenden wollten, ändere nichts an der Tatsache, dass sie damit Terrororganisationen unterstützen wollten. Zwei der Angeklagten wurden zu je sechs Monaten Haftstrafe ohne Bewährung verurteilt, zwei zu vier und zwei zu zwei Monaten Haft auf Bewährung. Das gesammelte Geld wird endgültig beschlagnahmt.
Die Entscheidung wurde von den Angeklagten und vielen im und vor dem Gericht versammelten SympathisantInnen mit Empörung und teilweise mit Tränen aufgenommen. Eigentliche Absicht sei ja gewesen, mit dem T-Shirt-Verkauf ein öffentliches Bewusstsein dafür zu schaffen, dass die Terrorhysterie auch zu einer Dämonisierung von Widerstandsgruppen gegen undemokratische Regime geführt habe, erklärte Michael Schølardt von "Fighters + Lovers".
Thorkild Høyer, Verteidiger von "Fighters + Lovers" kündigte an, man werde nun versuchen das Urteil vor dem obersten dänischen Gerichtshof oder dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anzufechten.
REINHARD WOLFF
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Verfassungsklage von ARD und ZDF
Karlsruhe muss die unbeliebte Entscheidung treffen
CDU-Politiker Marco Wanderwitz
Schmerzhafter Abgang eines Standhaften