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Archiv-Artikel

DRÖHNENDES FRAUENGRUPPENLACHEN ODER: SCHNATTERNDE TUSSEN IM RUHEBEREICH Männer, die auf Frauen schauen

BARBARA DRIBBUSCH

Heyhey, das ist ein Text auch für Männer, nur mal so zur Info.

Kürzlich nämlich, als ich über die Einladung zu Silkes Geburtstagsparty nachdachte, kam mir das Problem wieder in den Sinn. Die Männersicht auf Frauengruppen. Mein alter Freund Wolf etwa, viel mit der Bahn unterwegs, nimmt neuerdings morgens lieber einen Zug früher, auch wenn das ein brutal frühes Aufstehen um halb sechs erfordert. So früh säßen im Zug noch nicht diese Gruppen aus – ich zitiere Wolf – „schnatternden Tussen auf dem Weg zu irgendeiner Tagung. Die steigen gemeinsam ein, natürlich in den Wagen mit Ruhebereich, und dann wird rücksichtslos gequatscht. Wenn ich schon dieses dröhnende Frauengruppenlachen höre! Arbeiten kannst du dann vergessen, aber das ist denen egal. Völlige Ignoranz.“

In der Gruppe erzeugen Frauen bei vielen Männern Abwehr. Leider. Bin ich irgendwo bei einer Bekannten zum Geburtstag eingeladen, die Männer sollen wir gern mitbringen, fragt Christoph schon im Vorfeld: „Sag mal, kommen da fast nur Frauen?“ Man fühlt sich fast ein bisschen minderwertig, wenn man „nur“ eine Einladung bieten kann, auf der dann fast „nur“ Frauen kommen, das sind übrigens ziemlich viele „nurs“ in einem Satz und das auch noch im Zusammenhang mit Frauen, so was gibt zu denken. Dabei habe ich jahrelang in muffigen Bandkellern Hunderte von Abenden verbracht, als Keyboarderin in Rockbands, die fast „nur“ aus Männern bestanden, die im Laufe der Probe ihre jaulenden Gitarren immer lauter stellten und mir immer wieder vorschlugen, doch im Ledermini auf die Bühne zu steigen.

Gemischtgeschlechtliche Gruppen sind schon gut. Nicht nur wegen der Männer, sondern auch, weil sich die Frauen mehr am Riemen reißen, wenn noch ein paar Männer dazwischen stecken. Der Lästerfaktor nimmt ab, das heimliche Vergleichen ebenso, die Toleranz nimmt zu, wie bei allen gemischten Gruppen. Das ist der Punkt. Es geht um Unterschiedlichkeit. Diversity. Die gibt’s auch in einer Fast-nur-Frauengruppe. Verschiedene Berufsfelder, anderes Alter, unterschiedlicher Beziehungsstatus – und schwupp, schon ist das Privatleben interessant.

Gisa, meine Kletterfreundin, ist zum Beispiel der Meinung, Risikosport sei genau das Richtige für die Frau über 60, wenn man keine Verantwortung für die Kinder mehr habe. Sie wagt sich in alpine Routen mit großem Hakenabstand und hat mit 62 einen neuen Job in der Behindertenschule angefangen. Sie ist so anders, dass ich sie bewundern kann, ohne neidisch zu werden. Für reines Chillen wiederum ist Tine super. Hundezüchtermilieu, ihre Freundin arbeitete als Domina. Ein bisschen prolo. Aber nie in Zeitdruck und immer für einen Sonnenuntergang gut. Silke wiederum, 15 Jahre jünger, ist ehrgeiziger. Hat eine Juniorprofessur in Aussicht. Und damit bin ich bei Silkes Party. Am nächsten Samstag.

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Dienstag Jacinta Nandi Die gute AusländerinMittwoch Matthias Lohre Konservativ Donnerstag Margarete Stokowski Luft und Liebe Freitag David Denk Fernsehen Montag Josef Winkler Wortklauberei

„Also zum Geburtstag am Samstag“, meint Christoph, „sag mal, kommen da eigentlich auch Männer?“ „Keine Ahnung“, entgegne ich, „die Gäste sind jedenfalls unterschiedlich. Und anders als du.“ Mehr kann ich nicht bieten. Muss auch nicht sein.