DOROTHEA HAHN ÜBER DIE RÜCKKEHR DES TERRORS IN DEN USA : Das 9/11-Déjà-vu
Wer US-amerikanischen Exzeptionalismus sucht, wird in dieser Woche reichlich fündig. Es beginnt mit dem Umgang mit den Bomben von Boston. Es führt weiter über die erneute Serie von Giftbriefen an Spitzenpolitiker in Washington.
Es kulminiert in der Entscheidung des Senats, als Konsequenz aus den jüngsten Massakern einfach weiterzumachen wie bisher: ohne ein Verbot von halbautomatischen Kriegswaffen, ohne Verkaufsstopp für Hochkapazitätsmagazine und ohne Backgroundchecks für Schusswaffendeals.
Wie schon so oft zeigen die Reaktionen auf Boston, wie selbstreferenziell der Blick von US-Amerikanern ist. Wieder einmal herrscht ungläubiges Staunen darüber, dass „so etwas“ in den USA passieren kann. Als wären Bomben das Privileg anderer Länder. Und als wären die USA mit ihren extremen Gewaltverhältnissen und sozialen Ungerechtigkeiten sowohl im Inneren als auch im Äußeren eine Insel des Friedens und des Glücks.
Aber auch die Rizin-Briefe sorgen für ein Déjà-vu. Sie erinnern an die Anthrax-Attentate, die auf die Anschläge von 2001 folgten. Damals wie heute scheint es, als genüge ein Signal, damit die Vereinigten Staaten im Chaos versinken.
Die Krönung des Exzeptionalismus ist aber die Entscheidung des Senats, bei den Schusswaffen alles beim Alten zu lassen. Das sind beunruhigende Signale aus einem verunsicherten und realitätsfernen Land. Wo ein beträchtlicher Teil jener, die in Politik und Medien das Sagen haben, eher in die Vergangenheit schauen als in die Zukunft und schon gar nicht über den nationalen Tellerrand hinaus.
Auf höchster Ebene allerdings fielen die Reaktionen umsichtiger aus als nach früheren Anschlägen. Obama hat aus den Fehlern seines Vorgängers gelernt. Wenigstens das.
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