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Archiv-Artikel

DORIS HEINZE, DREHBUCHSCHREIBENDE EHEMÄNNER, BRETTSPIELE NDR, ärgere dich nicht!

Liebe taz-Medienredaktion, immer wieder weht in diesen Tagen eine Odol-frische Brise durch Hamburg. Das ist der Atem Eva Hermans, der Kriegsgewinnlerin im Fall Doris Heinze. Befreit bläst sie die Last der letzten Jahre heraus, in denen sie als das schwarze Schaf des NDR herhalten musste.

Aber nicht länger wird die Wortkombi „NDR, Frau, Skandal“ automatisch die Herman-Assoziation auslösen. Vielmehr wird dann der Name „Doris Heinze“ fallen, der Name, der so überaus erfolgreichen, kompetenten Fernsehspielchefin, die – so wie es sich jetzt darstellt – ihren Arbeitgeber, den NDR, jahrelang hintergangen und betrogen hat. Sie und ihr Mann haben unter einem Pseudonym Drehbücher verfasst, die Heinze abgekauft hat und realisieren ließ. Auch hat sie eventuell die Abrechnung nicht erbrachter Leistung ermöglicht. Eine Produktionsfirma ist ebenso involviert wie die Künstleragentin Inga Pudenz, die auch Doris Heinze unter Vertrag hatte. Was zum einen die Frage aufwirft, warum eine fest angestellte Frau eine Agentin braucht, zum anderen ein gefundenes Fresschen für uns Journalisten ist, die wir Geschichten lieben, die so nah an unserem Umfeld liegen, aber doch weit genug entfernt, um uns nicht mitzureißen.

Und so ist es momentan kaum anders, als es während des Vietnamkrieges im Hotel Rex gewesen sein muss, in dem die ausländischen Journalisten saßen und nach Informationen gierten: aufgeregtes Stochern im Nebel des Dubiosen, Mutmaßungen und das erhebende Gefühl, „an etwas dran zu sein“: Natürlich sei der Sachverhalt bekannt gewesen in Heinzes beruflichem Nahfeld, ein Klima der Angst habe dort geherrscht unter der unbeliebten Fernsehspielchefin. Auch jetzt wolle keiner namentlich in Artikeln auftauchen, weil die suspendierte Chefin noch immer viel Macht habe.

Überhaupt sei es doch in der Branche bekannt, dass in den Anstalten eine Menge abgerechnet würde, was nie erbracht wird, wissen die Journalisten, die lieber die Fernsehpreise an die Anstalten vergeben, als über die Missstände dort zu berichten. Und warum hat der Verband Deutscher Drehbuchautoren, der nach eigener Aussage bereits seit drei Jahren von der Causa wusste, geschwiegen?

Und während einige bezüglich der freigesetzten Betrugsenergie sich an den Briefträger Gert Postel erinnert fühlen, der als Dr. med. Clemens Bartholdy Karriere machte, bringt der Tagesspiegel Eheprobleme bei Heinze ins Spiel und schreibt von der die Karriereleiter erklimmenden Frau und ihrem armen, auf dem Boden zurückbleibenden Drehbuchschreiber-Gatten.

Womit wir wieder bei Eva Herman wären und feststellen, dass es sich für Frauen nicht lohnt, Karriere zu machen. Der Preis dafür – bei Herman seelische Qual, bei Heinze die Vita im Arsch – ist einfach zu hoch. Das, so wird gemunkelt, wird Thomas Schreiber freuen, der jetzt nicht nur als NDR-Programmchef walten, sondern sich auch noch als kommissarischer Fernsehspielleiter in Lokstedt durch die Flure streifen und nach dem Rechten blicken kann. Du siehst also, liebe taz-Medienredaktion, wir haben hier in Hamburg eine Menge Spaß mit der Causa Heinze. Und entwickeln gerade als neues Brettspiel „NDR, ärgere dich nicht“. Und damit zurück nach Berlin!

Hinweis: DIE KRIEGSREPORTERINSILKE BURMESTER berichtet jeden Mittwoch von der MEDIENFRONT.Anonyme Hinweise?kriegsreporterin@taz.de