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Archiv-Artikel

DOPING (2): DIE ARD-SPORTARTEN BLEIBEN UNS ERHALTEN Böcke sollen fehlerlos gärtnern

Die ARD-Oberen tun so, als ob sie die Welt nicht mehr verstünden. Reuig zurückblickend, gibt ARD-Programmdirektor Günter Struve zu, dass die absurden Sonderverträge mit dem Radprofi Jan Ullrich mit zusätzlichen Siegprämien aus heutiger Sicht eine „Schnapsidee“ gewesen seien. Dass gegen ARD-Sportkoordinator Hagen Boßdorf wegen seiner Beziehungen zur Stasi ermittelt wird, muss natürlich auch „ernst genommen werden“. Dass Boßdorf außerdem in Sachen Ullrich und Doping journalistische Distanz vermissen ließ – dumm gelaufen. Und der Schleichwerbeskandal, der das Erste Programm des öffentlichen-rechtlichen Senderverbundes im letzten Jahr erschütterte, war selbstverständlich auch nicht so toll.

Aber dass deshalb die Verträge von Struve und Boßdorf, die auslaufen, nicht verlängert werden sollten? Lächerlich! Schließlich habe die ARD ja immer reagiert, wenn sie erwischt wurde: Schleichwerbung war schon immer und ist seit 2005 richtig verboten. Sportler-Verträge wie die mit Ullrich soll es auch nicht mehr geben, dafür mehr Hintergrundberichte zu Doping. Verantwortlich: Hagen Boßdorf. Alle Probleme gelöst also, Bossdorf bleibt und Struve erst recht.

Die Frage, wie es überhaupt zu solchen Fehlern kommen konnte, ficht die meisten in den ARD-Funktionäre aber nicht an. Selbst wenn – wie beim WDR – mittlerweile auch der eigene Redakteursausschuss Zweifel anmeldet: Das Hauptquartier sitzt jeden Skandal aus. Denn viele ARD-Anstalten können kaum eingreifen, wenn es um „das Erste“ der ARD geht. Denn das veranstalten zwar nominell die neun ARD-Partner als Gemeinschaftsprogramm. Doch immer mehr Sendezeit, immer mehr Entscheidungen werden von einer einzigen Instanz gesteuert: der ARD-Programmdirektion in München. De facto hat „das Erste“ längst einen Chef mit absoluter Macht: Günter Struve ist vom Programmdirektor im Dienst aller Sender zum Über-Intendanten der ARD geworden und hat prompt dafür gesorgt, dass Hagen Boßdorf uns wohl für mindestens weitere fünf Jahre als Sportkoordinator erhalten bleibt. STEFFEN GRIMBERG