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Archiv-Artikel

DOMINIC JOHNSON ZUR ESKALATION IN DER DR KONGO Die Fassade zerbröselt

Es war wohl nur eine Frage der Zeit, bis in den verarmten Millionenstädten des Kongo die Straße explodiert – und doch kommt die Protestwelle, die das 75-Millionen-Einwohner-Land seit Montag in Atem hält, für viele überraschend. Eine eher technische Wahlrechtsreform, die aber eine Wahlverschiebung nach sich ziehen könnte, führt zu den schwersten Unruhen seit der Wiederwahl Joseph Kabilas als Präsident Ende 2011.

Die meisten der wütenden Jugendlichen, die sich jetzt Straßenschlachten mit der Polizei liefern, kennen den genauen Wortlaut der Wahlgesetze wohl nicht. Aber sie wissen, was sie wollen: ein normales Leben in einem normalen Land, in dem auch die Mächtigen sich an die Gesetze halten, in der unbewaffnete Demonstranten nicht erschossen werden und in der es mit Staatswillkür ein Ende hat.

Die internationale Gemeinschaft, die Kongos Regierung massiv finanziell und militärisch unterstützt, findet darauf keine angemessene Reaktion. Die Forderung, das Gespräch mit der politischen Opposition zu suchen, kommt möglicherweise zu spät. Die organisierte politische Opposition läuft den Ereignissen hinterher, sie hat die weitgehend spontanen Proteste nicht im Griff.

Kongos mühsam aufgebaute Fassade von Verfassung und Mehrparteiendemokratie droht zu zerbröseln. Die internationalen Partner hätten sich nach den umstrittenen Wahlen von 2011 auf ihre eigene Forderung konzentrieren müssen, wonach der nächste Wahlgang 2016 korrekt jenseits aller Zweifel vorzubereiten und abzuhalten sei. Stattdessen mutierten sie zum Steigbügelhalter eines auftrumpfenden Militärapparates im Kampf gegen die M23-Rebellen im Osten des Landes. Jetzt stehen sie hilflos da angesichts eines autoritären Staates, der auf seine Bürger schießt. Und mit ihnen das kongolesische Volk.

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