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Archiv-Artikel

DOMINIC JOHNSON ÜBER INTERNATIONALE ÄCHTUNG DES PRÄSIDENTEN IN KENIA Zeit für ein neues Kapitel

Wahlsieger Kenyatta hat dem Strafgerichtshof Zuarbeit zugesichert. Was will man mehr?

Es ist beschämend. Kenia hat in freier und dem Anschein nach fairer Wahl einen neuen Präsidenten gewählt, die befürchtete Gewalt ist ausgeblieben. Und was macht die internationale Gemeinschaft? Sie stellt Wahlsieger Uhuru Kenyatta ins diplomatische Abseits, weil ihm demnächst vor dem Internationalen Strafgerichtshof der Prozess gemacht wird.

Kenyatta ist nicht verurteilt. Seine Anklage ist die der „indirekten Mittäterschaft“ bei zwei einzelnen Milizenangriffen im Rahmen der blutigen Gewalt nach den gefälschten Wahlen von Ende 2007. Milizenangriffe, die zahlreiche Tote forderten, die aber auch als Reaktion auf vorherige Pogrome des Gegners gegen Kenyattas Volksgruppe durchgeführt wurden.

„Indirekte Mittäterschaft“ ist ein Vorwurf, unter dem man vermutlich die meisten Politiker der Welt vor Gericht stellen könnte. Es gibt gegen Kenyatta keinen Haftbefehl. Er hat die Zusammenarbeit mit dem Strafgerichtshof zugesichert. Was will man mehr? Eine stimmige Kritik könnte sein, dass Kenyatta als Beschuldigter nicht als Kandidat hätte antreten sollen. Dagegen gibt es aber kein Gesetz, und es liegt nicht an den Anklägern von Den Haag, zu entscheiden, wer in Kenia zu einer Wahl antreten darf.

Es gibt Hunderte bekannte Verantwortliche für die Gewalt in Kenia 2007–08. Sechs davon sind im Visier des Strafgerichtshofs. Die beiden mächtigsten Politiker – der damalige Wahlsieger Mwai Kibaki und sein Hauptgegner Raila Odinga, seitdem Präsident und Premierminister von Kenia – sind nicht dabei. Objekt internationaler Isolation wurden sie nicht.

Man kann jetzt nicht an Kenyatta das Exempel statuieren, vor dem man sich mit Kibaki und Odinga drückte. Vielmehr sollte seine Wahl als Chance gesehen werden, ein neues Kapitel aufzuschlagen, in dem Kenia zur Normalität zurückfindet.

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