DOMINIC JOHNSON ÜBER DIE SPIELCHEN UM SUDANS WAHLEN : Wahlen ohne Demokratie
Badet ein Pferd im Nil, ist es noch längst kein Nilpferd, und setzt man im Sudan demokratische Wahlen an, finden noch längst keine demokratischen Wahlen statt. Und so verwundert es auch nicht, dass Sudans Politiker jetzt, kurz vor den ersten pluralistischen Wahlen seit 24 Jahren, ihr jeweiliges politisches Gewicht jetzt mittels taktischer Spielchen unter Beweis stellen, anstatt auf den Zulauf von Wählern am 11. April zu hoffen.
Die demokratische Opposition im Sudan, ohnehin nach zwei Jahrzehnten Militärdiktatur nur noch ein Schatten ihrer selbst, hatte nie ernsthafte Chancen, den Autokraten Bashir an der Urne zu besiegen. Die Südsudan-Rebellen der SPLA nehmen die Wahl sowieso nicht ernst und stellten einen Nordsudanesen auf, was schnell deutlich machte, dass die Weichen beim kommenden Unabhängigkeitsreferendum für den Süden längst Richtung Sezession gestellt sind und die gesamtsudanesische Politik dort nicht mehr interessiert. Lange Zeit war die Frage also eher, wieso sich alle ernstzunehmenden Politiker auf das Spiel namens Wahlen für Sudan einließen, wo das Ergebnis doch ohnehin feststand. Die Wahlboykotterklärungen der letzten Tage haben das Rätsel gelöst. Es ging nie darum, Bashir zu schlagen. Es ging darum, ihn durch den Rückzug von einer zunächst als sinnvoll dargestellten Wahl zu delegitimieren, und es ging um die Rangordnung innerhalb der Opposition. Da hat Khartums Parteienlandschaft, die ständig hin und her laviert, den Kürzeren gezogen gegenüber der SPLA im Süden. Die hat es immerhin geschafft, dass Bashir ihr nun ein Unabhängigkeitsreferendum schuldig ist.
Die Richtung ist also klar. Bashir wird gewählter Präsident Sudans, aber nächstes Jahr wird Sudan in der bestehenden Form aufgelöst. Dann geht das Spiel um Macht und Einfluss am Nil von vorne los.
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