piwik no script img

DOKUMENTATIONFür einen Weltsicherheitsrat der Frauen

■ Die internationale Frauenaktion „Scheherazade“ ruft zu einem Ideenwettbewerb auf

Der Weltfrauensicherheitsrat ist eine Utopie, genauso wie die Idee einer Welturabstimmung gegen den Krieg, für die die zu Beginn des Golfkriegs in Berlin gegründete Internationale Frauenaktion Scheherazade in wenigen Wochen über 50.000 Unterschriften aus allen Kontinenten der Welt sammelte und dem UN-Generalsekretariat übergab. Aber brauchen wir nicht gerade in dieser traumlos gewordenen Zeit, die von Chauvinismus, Kriegen und Umweltkatastrophen bis an den Rand des Abgrunds getrieben wird, neue Arten von Utopien? Weibliche Utopien, feministische Utopien, die sich gleichzeitig mit unserer täglichen Realpolitik vernetzen lassen?

Die bundesdeutschen Scheherazade-Frauen rufen die unzufriedenen Aktivistinnen und Denkerinnen dieser Welt dazu auf, der bestehenden Weltunordnung ein anderes Modell gesamtgesellschaftlicher Verantwortung entgegenzusetzen. Überall auf der Welt haben Frauen Netzwerke geschaffen und arbeiten individuell sowie in sozialen und politischen Zusammenhängen gegen die Zerstörung der menschlichen Lebensgrundlagen, von Frieden und Demokratie, für die Respektierung der Frauen- und Menschenrechte, die Respektierung von Minoritätenrechten, die Kooperation zwischen Nord und Süd, West und Ost, die Freiheit für alle Menschen, ihren Aufenthaltsort selbst zu wählen.

Gegenüber dieser politischen Kraft erweisen sich die institutionalisierten und repräsentativen Politikorganisationen — egal, ob sie UNO, EG oder KSZE heißen — als Versager. Ja, es besteht sogar die Gefahr, daß sie in ihrer Unfähigkeit, Konflikte von unten und an ihrer Wurzel zu lösen, mehr und mehr auf militärische Interventionen setzen.

Wir rufen die Aktivistinnen und Denkerinnen dieser Welt auf, ihre Ideen zu dem Projekt eines Weltfrauensicherheitsrates beizutragen. Wie könnte, ganz realpolitisch-utopisch gedacht, ein solches weltweites Frauennetzwerk mit einem Weltfrauensicherheitsrat aussehen? Die Scheherazade-Frauen freuen sich schon jetzt auf Ideen, Artikel, Essays, die ihnen — hoffentlich — aus aller Welt zugeschickt werden. Einsendeschluß ist der 9.März 1992 — denn angesichts der weiblichen Mehrheit der Weltbevölkerung darf der internationale Frauentag nicht am 8.März zu Ende sein.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen