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Archiv-Artikel

DIHK DROHT MIT ARBEITSPLATZEXPORT. DOCH ER IST NICHT SCHLIMM Schlechtreder an der Arbeit

Globalisierung – na und? Eine andere Reaktion hat die neue Studie des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) nicht verdient. Bedrohlich sei es, dass viele deutsche Unternehmen ins Ausland abwandern wollten, erklärt der Dachverband mittels einer Studie. Rund 50.000 Arbeitsplätze büße unser Land dadurch pro Jahr ein. Der DIHK würde seinem Ruf als unermüdlicher Schlechtreder des Standortes Deutschland nicht gerecht, nutzte er diese Angaben nicht als Argument gegen die rot-grüne Bundesregierung: Als ob Dracula Schröder und seine Untoten die armen Firmen aussaugten, bis alle auf dem Friedhof liegen – oder eben, quasi mit dem letzten Blutstropfen, über die Grenzen flüchten.

Vor Panik angesichts der Studie kann man nur warnen. Grenzüberschreitende Investitionen von Unternehmen sind keine Katastrophe, sondern ein unaufhaltsamer Prozess. Die Ausmaß der angedrohten Abwanderung, 0,13 Prozent aller deutschen Arbeitsplätze, fällt nicht viel größer aus als in den vergangenen Jahren, während aber der Außenhandelsüberschuss schnell steigt. Allein dieser Überschuss beschäftigte im letzten Jahr in Deutschland rund 500.000 Menschen – deswegen ist aus gesamtwirtschaftlicher Sicht nichts dagegen einzuwenden, wenn den verkauften Waren auch einige Arbeitsplätze folgen.

Der DIHK wäre dagegen gut beraten, seine eigene Studie einmal andersherum zu lesen: Abwanderung ist kein Zeugnis der Unmodernität des Staates, sondern der Innovationsfähigkeit von Unternehmen. Wer auswandert, hat Ideen; deutsche Manager und Mittelständler zeigen sich kreativ, wenn sie hoffen, im Ausland bestehen zu können. Und in aller Regel hat dann auch die Heimat etwas davon: Wissen und Kapital fließen zurück und mehren Umsatz, reinvestierte Gewinne und den Reichtum der Eigentümer.

Aber wo wir schon bei strukturellen Veränderungen und Modernisierung in der Wirtschaft sind: Wozu taugt eigentlich der DIHK? Vielleicht sollte eine Studie mal belegen, wie vielen Betrieben die Zwangsbeiträge der Industrie- und Handelskammern schon die Existenz erschwert haben.

HANNES KOCH