piwik no script img

Archiv-Artikel

DIEPGEN IM BUNDESTAG Stillstand statt Comeback

Es ist sicher kein Zufall, dass nur wenige Tage nach der Wahl Ingo Schmitts zum CDU-Landesvorsitzenden der Ex-Regierende Eberhard Diepgen seine Kandidatur für den Bundestag bekannt gibt. Schmitt und Diepgen haben sich lange Zeit nicht ausstehen können. Warum also bekommt Diepgen jetzt die Chance, über ein Direktmandat in Neukölln in den Bundestag einzuziehen? Noch vor drei Jahren war ihm diese große Chance im Streit verwehrt worden. Die Antwort: weil Schmitt und Diepgen so einander nutzen.

KOMMENTAR VON MATTHIAS LOHRE

Ingo Schmitt macht seit kurzem mit betont sozialen Äußerungen von sich reden. Seine Kleine-Leute-Attitüde weckt Erinnerungen an den Dauer-Regierenden Diepgen. Schmitt will sich der lange zerstrittenen Partei als legitimer Nachfolger Diepgens präsentieren. Das geht nur, wenn ihm der nicht in die Parade fährt. Was eignet sich da besser als die Aussicht auf ein Bundestagsmandat? Der in der Partei noch immer geliebte Ehrenvorsitzende erhält so einen komfortablen Posten und Schmitt die Weihen des Vorgängers.

Doch was bedeutet dieser Coup für die Ausrichtung der Partei? Diepgens soziale Rhetorik vom Schutz des kleinen Mannes funktioniert heute nicht mehr. Es gibt seit Jahren keine großzügigen Bundeshilfen mehr, die Berlin bis in die 90er-Jahre mitfinanzierten. Schmitt kann heute nicht mehr so viel verteilen wie Diepgen. Der CDU-Chef muss aufpassen, dass er seinen WählerInnen nicht zu viel soziale Fürsorge verspricht.

Wie die Bundes-CDU, so löst auch die Landes-Union ihre Generationenprobleme nach bewährter Manier: Sie streifen die bleierne Allmacht Diepgens und Kohls gar nicht erst ab. Personen und Programme sind die alten. Diepgens Comeback ist Zeichen des Stillstands.