DIE WERBEPAUSE: Erholung pur?

Stau. Die jungen Eltern sind genervt von ihren zankenden Kindern. Der gestresste Geschäftsmann ist genervt von seinem Zeitverlust. Die müde Frau von ihrem unbequemen Beifahrersitz. Zwei sich streitende Männer voneinander. Im Hintergrund ertönen seichte Klaviermelodien. Aus dem Off hört man eine beruhigend-väterliche Stimme: „Es gibt Momente, in der die Zeit nur dir gehört.“

Wie war das? Reisezeiten gut nutzen zu können – dafür sind Autoschlangen ja eher weniger bekannt. Die Auflösung kommt aber prompt. Mit dem vorbeifahrenden ICE. Dort kann man nämlich, glaubt man dem aktuellen Werbespot der Deutschen Bahn, endlich Dinge tun, für die man auf Spritztouren sonst nur wenig Zeit hat. Bücher lesen. Dösen. Karten spielen. Und außerdem „wäre es nicht schön, in dieser Zeit auch das Ziel zu erreichen?“, fragt es wieder fürsorglich aus dem Hintergrund. Die Bahn verspricht: „Diese Zeit gehört dir!“

Aha! Klar, entspanntes Reisen mit der Bahn klingt super. Klappt auch fast immer. Nur eben nicht, wenn die Konzernleitung sich weiter mit den Lokführern streitet. Oder auch nicht, wenn Signalstörungen die Züge verspäten lassen. Erst recht nicht, wenn mehr Fahrkarten verkauft werden, als Platz in der Eisenbahn ist.

Wirbt die Bahn hier selbstironisch für die eigene Mobilität? Oder ist das schon versteckter Sarkasmus angesichts überfüllter Abteile in zu alten Zügen?

Liebe Bahn, ja, es wäre schön, mit deiner Hilfe auch mal das Ziel zu erreichen. Dann gehört die Zeit nämlich wirklich mir – angekommen in meinem Wohnzimmer. MAXI BEIGANG