DIE WERBEPAUSE : Plaste am Hyperindividuum
Das ist Jimmy Wales, der Gründer des Internetlexikons Wikipedia. Er macht Werbung für Uhren, die über 600 Euro kosten. In der aktuellen Bild am Sonntag. Schlümm mit „ü“? Der Diskursservice der taz bietet Ihnen folgende Optionen an, das Thema zu diskutieren:
a) kommerzkritisch: Das war mir ja so klar! Ausgerechnet der Mann, der angeblich allen Menschen Wissen kostenlos zugänglich machen will, kniet nieder, wenn nur laut genug Gott Mammon ruft. Das ist wie bei dem Lafontaine von der Linken: Sozialismus predigen, aber französischen Wein saufen.
b) feuilletonistisch-traditionell: Ist es nicht mehr als eine Koinzidenz? Oder müssen die Zeichen hier zwangsläufig so gelesen werden, dass der Mann, der eine Quasireligion der Besserwissenden – manche mögen auch Besserwisser sagen – begründet hat und für diese unlängst erst den christusgleichen Schmerzensmann gab, um Spenden für Wikipedia einzuwerben (Motto: Sehet, was ich euch Gutes getan und darum gelitten habe) den Schritt zum Messias auch ikonografisch vollzogen hat? Denn hinter seinem Konterfei und dem Schriftzug „Christ“ treten Uhr und Schrift als Ornamente in den Hintergrund.
c) popkulturell-netzaffin: Wenn ein Mann, dessen Website bekannter ist als sein Gesicht, mit ebendiesem Werbung macht, dann führt das die Idee des Stars ad absurdum. Was die DJ-Revolution wollte, nämlich die Ablösung des Hyperindividuums (Star) durch die Masse, wird hier nun real. Ein weiterer Sieg für den Schwarm!
d) habituell: 695 Euro? Da lass ich mir ja lieber eine von diesen Swatchplasten ans Handgelenk nageln. Armes Deutschland! DAS