DIE WERBEPAUSE : Tugendwächter
Der deutsche Reggae-Künstler Nosliw postet ein Bild auf seiner Facebook-Seite. Darunter schreibt er : „Ein <3 Schelm, wer Böses dabei denkt? Rassismusdebatte Nr. 5.087.879, let’s go!“ Das Foto zeigt ein abfotografiertes Werbeplakat von Edeka. Zu sehen ist eine junge Frau, die einen verschmierten Schokokuss vor dem Mund hat. „Lina 2665 süße Küsse“, steht da. Eigentlich ganz harmlos. Wo soll da denn die Rassismusdebatte sein? Der Haken: Lina ist schwarz.
Unter dem Bild auf Facebook liefern sich sich Fans seit Tagen eine Debatte darüber, ob das nun Rassismus sei oder nicht. Die Diskussion fasst bereits über 200 Kommentare. Nosliw hat 18.000 Facebook-Fans. Kein Wunder.
Das Bild ist eines der Siegermotive einer Onlinekampagne von Edeka. Unter dem Motto „Was <3 Sie?“ konnten Kunden Fotos von sich und ihren Leibspeisen einsenden. Lina war auch dabei. Auf der Webseite von Edeka gibt es alle Siegerplakate sowie die ursprünglich eingereichten Fotos der Teilnehmer. Linas Foto stammt aus ihrer Kindheit. Reichen bloße Assoziationen zu den Begriffen Negerkuss und Mohrenkopf wirklich aus, in dem Plakat etwas Rassistisches zu sehen?
Wohl kaum. Hierbei handelt es sich eher um einen Fall von zwanghafter Political Correctness. Nicht Lina, nicht ihre Familie hat es gestört, dass sie in diesem assoziativen Zusammenhang auf einem Plakat steht. Erst allzeit bereite Hüter der Political Correctness maßten sich an, ihr zu erzählen, wo sie sich da hineinbegeben hat. Hatten wir die Debatte nicht bereits an dem Punkt, dass die Betroffenen selbst entscheiden, was sie rassistisch finden und was nicht? Oder gilt das nur so lange, wie eben jene Betroffenen das sagen und tun, was den Tugendwächtern genehm ist? Spielverderbern, die noch heute in einer Welt leben, in der Schwarze keine Schokoküsse essen und Frauen nicht kochen dürfen. DANIEL BLUM