DIE WAHRHEIT: Die fünf Ringe der O.
Sadomasolympics: Endlich wird der beliebte Volkssport mit Ketten, Fesseln und Peitschen zur offiziellen olympischen Disziplin.
Cynthia Maddox ist verzweifelt. Seit der Eröffnung der Olympischen Spiele ist ihr Mann nicht mehr vom Fernseher wegzukriegen. „Brian schaut sich alles an, vom Gewichtheben der Frauen bis zum Canadier-Einer-Slalom“, beklagt sich die Hausfrau aus Wolverhampton. „Selbst wenn ich ihm seine Fish and Chips im Spitzenhöschen serviere, wendet er nicht den Blick vom Flachbildschirm.“
Kein Wunder, dass Cynthia sich frustriert in die Softpornohölle des Bestsellerromans „Shades of Grey“ flüchtet. Alles besser, als sich den x-ten Vorlauf der Vierer ohne Steuermann anschauen zu müssen.
So wie Cynthia geht es Millionen Frauen weltweit – eine anschwellende Massenbewegung der Sadomaso-Interessierten, die sich der olympischen Idee dauerhaft zu versagen droht. Eine Tatsache, die den Verantwortlichen der Spiele nicht gleichgültig sein kann. Und das IOC reagiert.
Auf einer Sondersitzung bestimmte man Avery Bondage zum Sonderbeauftragten. Der altgediente IOC-Funktionär gibt unumwunden zu, dass schon für die nächsten Olympischen Spiele eine radikale Reform des Wettkampfprogramms geplant sei, um das weibliche Publikum bei der Stange zu halten. Sein Credo ganz im Sinne des olympischen Geistes: „Wir dürfen die Frauen nicht verloren geben.“
Neue olympische Sportarten sollen das weltweit übertragene Spektakel auch für das Millionenheer von Frauen attraktiv machen, die sich nicht mit den heutigen Mainstream-Disziplinen identifizieren können. Hier ein erster Blick auf das zukünftige Programm der Sadomasolympics: Ein Gipfel der Erniedrigung ist für eingefleischte „Subs“ sicher erreicht, wenn beim griechisch-römischen SM-Ringen der devote Gegner stundenlang geknebelt auf der Matte fixiert wird. Erst das erlösende Safeword des Unterlegenen beendet dieses Unterwerfungsritual der Extraklasse.
Dass devote Sklavinnen mit Sportarten wie rhythmischer Sportgymnastik wenig am Hut haben, ist offensichtlich. Ganz anders sieht das Interesse allerdings aus, wenn die Sportgymnastinnen mit festgezurrten Fußfesseln ihre anmutigen Übungen zu vollziehen haben.
Huckepack-Marathonlauf ist zwar auf den ersten Blick eine relativ konventionelle Sportart, doch die Länge der Strecke macht den besonderen Reiz der Disziplin aus. Vor allem in der Klasse ab 65 Kilogramm „Schleppgewicht“ müssen sich die Träger ganz schön ins Zeug legen, um die Distanz überhaupt zu schaffen. Ein Leckerbissen für Zuschauer mit viel Tagesfreizeit!
Auch die neue Ruderdisziplin des Dom-Achters mit Steuerfrau könnte neue Zuschauerschichten für diese interessante Sportart generieren. Dass die Steuerfrau ihre Rudersklaven mit Peitschenhieben zu Höchstleistungen antreibt, erhöht den Reiz nicht nur für die unterwerfungswillige Fangemeinde.
Synchron-Hammerwerfen könnte das Zeug haben, eine der spektakulärsten Sadomaso-Disziplinen der nächsten Olympischen Spiele zu werden. Wenn man bedenkt, dass sich die den Hammer haltende Kette bei der kleinsten Ungenauigkeit mit voller Geschwindigkeit auch mal um den Hals des Wurfpartners winden kann, ist Höchstspannung garantiert.
Avery Bondage könnte mit seinem Programm der Olympischen Fesselungsspiele der Durchbruch bei der rasant wachsenden Fangemeinde exotischer BDSM-Praktiken gelingen.
Cynthia Maddox allerdings hat nicht vor, vier Jahre zu warten. Seit sie als Domina in Latexkluft ihren Mann Brian mit 300 Knoten in weltrekordverdächtigen 69 Minuten an den Fernsehsessel fesselte, ist der Hausfrieden wiederhergestellt. Brian kann nun ganz ohne Vorwürfe die Endausscheidungen im Kleinkaliber Stellungskampf verfolgen. Und Cynthia Maddox muss ab sofort als eine der Geheimfavoritinnen für Gold bei den nächsten Olympischen Spielen in Rio de Janeiro 2016 gelten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe