DIE STIMMEN DER ANDEREN :
■ Le Figaro (Frankreich)
In den Händen radikaler Elemente
Der Attentatsplan gegen den saudi-arabischen Botschafter ist höchst plump angesichts der Kampferprobtheit der iranischen Geheimdienste. Er scheint aber dennoch Realität gewesen zu sein, und er zeugt von einer schweren Eskalation innerhalb eines unheilvollen Feldzugs, der von einem Regime geführt wird, das sich in der Art radikalisiert, wie es nach innen schwächer wird und nach außen an seine Grenzen stößt. In einem Nahen Osten, der von einer starken Destabilisierungswelle erschüttert wird, könnte ein Iran in den Händen seiner radikalsten Elemente die Eskalation wollen. Das ist ein sehr gefährliches Spiel, vor dem man sich in Acht wird nehmen müssen.
■ Frankfurter Allgemeine Zeitung (Deutschland)
Härtere Sanktionen gegen Teheran
Denn es wäre damit nachgewiesen, dass sich Iran selbst aus der internationalen Gemeinschaft ausschließt. Das müsste dann auch Rückwirkungen auf den UN-Sicherheitsrat und dessen Befassung mit dem iranischen Nuklearprogramm haben. Den Staaten, die bisher verhindert haben, dass Teheran mit noch härteren Sanktionen bestraft wird, würde es schwerer fallen, Argumente für eine Fortsetzung ihrer Politik zu finden. Sanktionen gelten nach wie vor als der beste Weg, um Iran von seinem Streben nach der Bombe abzubringen. […] Das wissen natürlich auch die Herrscher in Teheran. Vermutlich werden sie deshalb ihre über die Jahre bewährte Strategie beibehalten und versuchen, mit scheinbaren Zugeständnissen neue Verhandlungen zu beginnen – die dann wieder im Sande verlaufen.
■ The Daily Telegraph (Großbritannien)
Saudi-Arabien muss reagieren
Der Iran überzieht den Nahen Osten seit Jahrzehnten mit Tod und Zerstörung. Aber seine Rolle ist aus zweckdienlichen Gründen auch aufgeblasen worden. Es wird schwieriger werden, den Iran zu verwarnen. Teherans zwielichtiges Atomprogramm wirft die besorgniserregende Frage auf, ob der Iran schon bald einen nuklearen Schild besitzt, hinter dem er sicher den Einsatz von Militärvertretern intensivieren kann. Die bevorzugte saudische Lösung – ein Militärschlag – wäre dumm und ein Geschenk an das iranische Regime. Aber die weitere Entwicklung des Iran zu einem Nuklearland und die unvermeidliche Reaktion von Saudi-Arabien wird die bisherigen Rivalitäten wie ein Picknick aussehen lassen.
■ La Stampa (Italien)
Obamas neue Iranpolitik
Mit der direkten Einbeziehung Teherans im angeblichen Mordkomplott läutet US-Justizminister Eric Holder eine neue Phase der Iranpolitik von Barack Obama ein. Dieser ist überzeugt, dass der Arabische Frühling Hauptthema der Außenpolitik sein wird. Denn die Revolten zwingen die USA, neue Wege zu gehen, um die eigenen Interessen zu schützen. Als Befürworter der Revolten hat Obama in den Unterstützern der Autokraten das gegnerische Lager ausgemacht. Und da der heißeste Frühling der syrische ist, sind die größten Feinde Amerikas diejenigen, die dem Regime von Baschar al-Assad gestatten, seine blutige Unterdrückung fortzusetzen. Assad hat von Moskau bis Peking viele politische Alliierte, doch nur einen militärischen Partner: den Iran von Mahmud Ahmadinedschad.
■ The Guardian (Großbritannien)
Komplott mit Hollywoodqualität
Die mutmaßliche Verschwörung zur Ermordung des saudischen Botschafters in Washington unter Beteiligung iranischer Agenten ist auf den ersten Blick so abstrus, dass es fast unglaublich ist. Grandiose Komplotte mit Hollywoodqualität – mit ausländischen Regimen, mexikanischen Drogenkartellen und undichten Stellen in Regierungen – versprechen typischerweise mehr, als sie halten. Dennoch: Die mutmaßliche aktive Beteiligung der Revolutionsgarde, die eng mit der iranischen Führung verbandelt ist, ist – wenn es stimmt – eine ernste Entwicklung. Man kann sicher annehmen, dass zumindest eine gewisse Mitwisserschaft der Regierung bestand. Aber warum? Die Saudis und der Iran befinden sich in einem heftigen Wettstreit um die geopolitische Vorherrschaft am Golf. Die Besorgnis der Saudis über den Aufstieg Irans und dessen Atomprogramm ist so groß wie die Israels.