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Archiv-Artikel

DIE NIEDERLAGE DER IG METALL IM OSTEN: EIN HISTORISCHER EINSCHNITT Knacken im Getriebe der Zivilgesellschaft

Die Araber sagen: „Wer vom Kamel gefallen ist, den soll man nicht noch mit Stiefeln treten.“ Die IG Metall ist vom Kamel gefallen – aber nicht einmal die Arbeitgeber sind in Siegerlaune. Denn die Streikniederlage im Osten wird empfindliche Folgen für den gesellschaftlichen Ausgleich von Machtverhältnissen haben.

Zunächst die Fakten: Der Streik um die Durchsetzung der 35-Stunden-Woche in Ostdeutschland war ein Streik um eine Lohnangleichung an den Westen bis zum Jahre 2009. Bei einer solchen Aktion zum jetzigen Zeitpunkt mussten sich alle Schwächen der Arbeitnehmerbewegung offenbaren: Da gab es eine Gewerkschaftsspitze, deren markige Worte zur Streik-Verteidigung immer unglaubwürdiger wirkten. Da war eine Ost-Arbeitnehmerschaft, die zum größten Teil gar nicht in der Gewerkschaft ist, berechtigte Angst hat um ihre Jobs und deswegen nicht einsah, warum sie für ein paar Euro mehr Lohn in sechs Jahren heute die Arbeit niederlegen sollte. Vor allem aber gibt es eine öffentliche Meinung, die allmonatlich mit hohen Arbeitslosenzahlen erschreckt wird und nicht begreifen kann, warum ausgerechnet in den wirtschaftsschwächsten Regionen für mehrprozentige Lohnsteigerungen gekämpft wurde. Alle drei Faktoren haben die Gewerkschaften den Sieg gekostet.

Doch auch für die Arbeitgeber wird die Niederlage der Gewerkschaften Folgen haben. Konkret werden Firmentarifverträge populärer werden. Das ist für viele Unternehmen riskant, denn Lohnkämpfe müssen dann im eigenen Haus ausgetragen werden. Das heißt: Mit dem Niedergang des Flächentarifvertrages werden die Machtkämpfe zwischen Arbeitgebern und Beschäftigten, aber auch zwischen konkurrierenden Firmen erheblich unberechenbarer werden.

Fragt sich, wie die IG Metall jetzt Schadensbegrenzung betreiben will. Eine Lösung wäre der Rückzug des designierten Metallgewerkschafts-Chefs Jürgen Peters von seiner Kandidatur. Dann würde der als Modernisierer geltende Vorstandsvize Berthold Huber an die IG-Metall-Spitze nachrücken. Das wäre das Vernünftigste. Nur: Es ist nicht sicher, ob Peters diese letzte Solidarität mit seiner Gewerkschaft aufbringt. BARBARA DRIBBUSCH