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Archiv-Artikel

DIE MAFIA KANN DEN KRIEGSVERBRECHER MLADIĆ SCHÜTZEN – NOCH Serbiens Regierung muss sich entscheiden

Noch ist er nicht gefasst. Der bosnisch-serbische Exgeneral Ratko Mladić hat weiterhin ein mächtiges Netzwerk krimineller Unterstützer hinter sich. Doch dem serbischen Regierungschef Koštunica dürfte es immer schwerer fallen, der internationalen Öffentlichkeit zu erklären, warum der gesuchte Kriegsverbrecher Mladić auch jetzt nicht vor dem UN-Tribunal in Den Haag landen wird. So rückt die Verhaftung näher. Zu viel steht auf dem Spiel: der Status des Kosovo, die Annäherung Serbiens an die EU, die Abspaltung Montenegros – überall sprechen internationale Organisationen mit. Koštunica kann es sich nicht völlig mit ihnen verderben. Die Zeiten, als europäische Länder wie Frankreich und Großbritannien Aktionen gegen Kriegsverbrecher blockieren konnten, sind zudem vorbei. In beiden Hauptstädten hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, zu lange die falsche Seite toleriert zu haben. Die Position der internationalen Diplomatie ist gegenüber Belgrad geschlossener geworden.

Es ist auch viel Zeit vergangen. Die meisten der im Bosnienkrieg handelnden Politiker in Europa und den USA sind nicht mehr an der Macht. So braucht keine Regierung die Enthüllungen eines redseligen Mladić über die Absprachen mit den damaligen Diplomaten zu fürchten, auch diejenigen über Srebrenica nicht.

Jetzt kommt es darauf an, welchen Weg Serbien wählt. Die nationalistisch-kriminelle Mafia, die Politik und Verwaltung durchdringt, sucht den Weg nach Europa zu blockieren. Für sie sind rechtsstaatliche Verhältnisse die schlimmste Alternative. Wer tatsächlich die serbischen Interessen vertreten will, darf die Zukunft des Landes nicht jenen überlassen, die sich zwar als die allergrößten Verteidiger des Serbentums ausgeben, doch vor allem in die eigene Tasche arbeiten – und keinerlei gesellschaftliche Verantwortung besitzen. Mladić ist wie der mit der orthodoxen Kirche verbandelte Serbenführer Radovan Karadžić ein Symbol für den Einfluss der nationalistisch-kriminellen Mafia. Sitzt Mladić in Den Haag, wird diese Hydra besiegbar sein.

ERICH RATHFELDER