DIE LIEBESERKLÄRUNG : Anne Will
NÄCHSTES JAHR KEHRT SIE ZURÜCK AUF DEN STUHL, VON DEM SIE EINST GESCHASST WURDE: IN DEN ARD-SONNTAGABEND-TALK
Es gibt eine Folge von Artes „Durch die Nacht mit“, in der führt der Comedian Serdar Somuncu Anne Will eine Nacht lang durch Istanbul. Es ist eine Sommernacht, die beiden gehen nobel essen, besuchen eine türkische Rapperin und schlendern, mit Bier in der Hand, über den Nachtbasar. Eigentlich ist es fast nur Serdar Somuncu, der redet. Aber Anne Wills Mimik, ihre Fragen und Ausdrücke reichen, um ein Bild dieser Frau zu bekommen. Als Somuncu zum Beispiel behauptet, dass er es riechen könne, wenn eine Frau auf ihn stehe, tut Anne Will das einzig Richtige: Sie zieht die rechte Augenbraue hoch, grinst und sagt: „Echt?!“
Ihre Augenbraue ist ihr Kapital. Die ist beweglich wie ein Flummi und springt bei Überraschung, Misstrauen und Verwunderung nach oben. Bei der Entscheidung, ob sie den Jauch-Platz übernimmt, dürfte die Braue nicht allzu viel gehüpft sein, denn lange haben Will und ihr Team nicht überlegt.
Am vergangenen Dienstag gaben die Intendanten der ARD die Personalie bekannt. Und das, obwohl die Medienjournalisten von Süddeutsche, Zeit, Spiegel Online und auch der taz gefordert haben: Sprengt den Stuhlkreis! Weg mit den Talkshows, her mit den Dokus.
Anne Will kehrt also nicht nur zurück an den Ort, von dem sie einst geschasst wurde, sondern auch an den, der allsonntaglich unter Kritikbeschuss steht.
Vielleicht nimmt der Beschuss aber auch ab, sobald Will auf dem Talkstuhl Platz nimmt – immerhin steht ihr das Fragen, Zuhören, Zweifeln viel besser als Jauch. Wills Ton ist immer freundlich, aber hartnäckig. Keiner fragt so charmant penetrant wie sie.
Am Anfang der Arte-Sendung sagt Somuncu übrigens, dass er Anne Will einen Heiratsantrag machen will. Er macht das dann doch nicht. Wir würden das hiermit übernehmen. ANNE FROMM