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Archiv-Artikel

DIE KIRSCHBLÜTENPRINZESSIN Die große Liebe en passant

Von MAP

Sie ist die große Liebe der Japaner. „Gäbe es keine Kirschblüten in dieser Welt“, dichtete Ariwara no Narihira vor über 1.100 Jahren, „wie heiter und gelassen könnte das Herz im Frühling sein“. Aber es gibt sie nun mal, und so fallen die Japaner Jahr zu Jahr ins kollektive Liebesfieber, das, was sonst, Jahr für Jahr ein trauriges Ende nimmt. Denn so plötzlich die Blüten aufgehen, so plötzlich wehen sie wieder im Wind.

Nur: So ganz losgelöst von der Welt des Menschen war diese Liebe nie. Schon die Zeilen von Ariwara no Narihira spielen mit Vieldeutigkeit – im Schatten der Blüten sitzt, für das sehende Auge des Mannes, die Schar junger Mädchen. Und ob mit der flatterhaften Vergänglichkeit der Blüte nicht auch das flüchtige Glück gemeint sein kann, das in unverhofften Fällen einen Menschen für die Dauer eines Augenblicks mit dem anderen verbindet? Dem Aristokraten und Poeten Narihira jedenfalls wird nachgesagt, dass er seine Hoflaufbahn sausen ließ – für so intime wie kurzlebige Bekanntschaften mit den Damen des Kaiserhauses.

Aber vergessen wir all das und freuen wir uns auf die anstehende Wahl der Kirschblütenprinzessin in Hamburg. Zumal das Hamburger Abendblatt uns schon alle Bewerber vorgestellt und das vielversprechende Resümee gezogen hat: „Strahlen können sie alle“.

Eins dürfen wir allerdings nicht vergessen: der scheidenden Prinzessin eine Träne nachzuweinen. Sie hat, wie man es von einer Prinzessin erwarten darf, die alle zwei Jahre von der Deutsch-Japanischen Gesellschaft gewählt wird, keine Mühen der Repräsentanz gescheut. Auf mehr als 50 Terminen hat sie in Hamburg ihr Lächeln gezeigt – und es auch dann nicht verrutschen lassen, als sie des ein oder anderen Wirtschaftskapitäns verschwitzte Hand zu drücken hatte.

Nach Japan ging’s natürlich auch, zum Premierminister höchstselbst. Aber von diesem Besuch lässt sich nie viel berichten. Die Türen schließen sich hinter der Prinzessin, Stillschweigen wird vereinbart. Vielleicht damit der Premier mal so richtig schwelgen kann. Über die Schönheit der Vergänglichkeit, versteht sich. Nicht in ihr. MAP