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Archiv-Artikel

DIE IRAKPOLITIK DER USA BESTEHT WEITER AUS DURCHHALTEPAROLEN Bushs Ausweg liegt in Israel

Nein, einen Wendepunkt der US-amerikanischen Irakpolitik wird der Anschlag von Mossul nicht bedeuten. Keinesfalls werden sich die USA plötzlich von den vielen Toten beeindrucken lassen und den Irak Hals über Kopf verlassen wie einst Somalia. Insofern hat der Angriff, der offenbar bewusst zu jener Stunde ausgeführt wurde, als sich im Essenszelt die größtmögliche Ansammlung von US-Soldaten und zivilen Mitarbeitern befand, sein Ziel verfehlt. Aber: Der Anschlag beweist, dass die US-Besatzungseinheiten über keinerlei effektive Mittel verfügen, um den bewaffneten Widerstand zu beenden. Die Falludscha-Offensive, so verheerend für die Zivilbevölkerung und kostspielig für die USA sie auch war, hat den Irak nicht sicherer gemacht. Erfolgsmeldungen sind hier unsinnig.

Die veröffentlichte Meinung in den USA ist sich dennoch relativ einig: Zum Weitermachen gibt es keine Alternative. Nur werden solche Durchhalteparolen nur dann Bestand haben, wenn die Wahlen im Irak Ende Januar tatsächlich einigermaßen ruhig verlaufen, bei akzeptabler Wahlbeteiligung und möglichst US-freundlichem Ergebnis. Der Anschlag von Mossul belegt, wie ehrgeizig dieses Ziel ist. Wer nicht einmal in der Lage ist, die eigenen Truppen zu schützen, kann kaum für die Sicherheit von Wahllokalen im ganzen Land sorgen.

Doch der Erfolg ist dringend notwendig. Scheitern die Wahlen, fehlt jegliche Perspektive. Verteidigungsminister Donald Rumsfeld dürfte in diesem Fall die längste Zeit im Amt gewesen sein, doch mehr als ein Signal an die murrende Truppe, dass die Politik bereit ist, Verantwortung zu übernehmen, ist das nicht. Bush hat sein politisches Schicksal so eng an den Irak geknüpft, dass eine grundsätzliche Strategieänderung undenkbar scheint. Derweil nimmt ihm die militärische, politische und finanzielle Überlastung im Irak einen Großteil seines nach dem Wahlsieg riesig geglaubten innenpolitischen Handlungsspielraumes. Womöglich liegt der Ausweg gar nicht im Irak, sondern in einer engagierten Israel-Palästina-Diplomatie. Selbst ein Teilerfolg könnte Bush schon helfen, ein wenig Glaubwürdigkeit zurückzuerlangen. Im Irak hieße es allerdings weiter: Durchhalten, wofür auch immer. BERND PICKERT