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Archiv-Artikel

DIE GRÜNEN DÜRFEN DIE ROT-GRÜNE KOALITION NICHT PLATZEN LASSEN Einstieg in den Ausstieg

Es klingt so einfach: Um Handlungsfähigkeit und Stärke zu demonstrieren, verlassen die Grünen jetzt die Koalition mit der angeschlagenen SPD. Natürlich erhobenen Hauptes. Schließlich hat die SPD in Nordrhein-Westfahlen verloren, nicht die Partei der Grünen. Doch was am Rhein nachvollziehbar scheint, ist an der Spree gänzlich falsch: Den Bündnisgrünen würde der Ausstieg aus der Regierung nur schaden. Sieben Jahre lang haben sie fest zu ihrem Partner gestanden – jeden Kompromiss ertragen und manchen sogar bis zur Lächerlichkeit verteidigt. Sieben Jahre Zustimmung kann man nicht durch vorfristiges Abspringen vergessen machen.

Dass die rot-grüne Regierung vorfristig aufgegeben hat, bedeutet nicht zwangsläufig, dass auch das rot-grüne Projekt gescheitert ist. Dies muss den grünen Parlamentariern klar sein: Würden sie aussteigen, wäre eine Gleichsetzung des einen mit dem anderen gewiss.

Ein Regierungsausstieg würde auch die politische Zukunft der Grünen aufs Spiel setzen – in doppelter Hinsicht. Erstens kann man natürlich die Resultate grünen Mitregierens als „zu gering“ beurteilen – vor allem angesichts der großen Start-Erwartung. Ein Ausstieg aus der Regierung würde aber selbst diese Resultate noch diskreditieren. Gerade weil die Ergebnisse oft politische Kompromisse waren, lassen sie sich vom kleinen Koalitionspartner nur MIT der SPD erklären und nicht GEGEN sie. Auch wenn das in der aktuellen Untergangsstimmung nicht kommod erscheint: Diese Ergebnisse sind alle mal gut genug, um im Herbst die Fünf-Prozent-Hürde zu schaffen – wenn man sie gemeinsam darzustellen weiß.

Zweitens würden die Grünen durch eine Kriegserklärung absehbar der politischen Partner verlustig. Mag sein, dass SPD-Wahlstrategen derzeit lieber über einen Juniorpart in einer großen Koalition nachdenken. Eine politische Alternative lässt sich in dem daraus folgenden Wahlkampf aber nicht darstellen. Wer jetzt aus der Koalition aussteigt, kann sich schlecht im Sommer für eine neue rot-grüne Regierung aussprechen. So viel steht heute schon fest: Wenn überhaupt, hat Rot gegen Schwarz nur mit Grün eine Chance. NICK REIMER