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Archiv-Artikel

DIE GLOBALISIERUNG GEHT WEITER, NUR DIE RICHTUNG ÄNDERT SICH Letztlich wird der Norden einlenken

Die Globalisierung ist zu Ende. Nach nur 20 Jahren sei das Zeitalter des freien Welthandels bereits vorbei. Diese These stammt von dem einflussreichen Globalisierungskritiker Walden Bello. Das Foto mit seinem freudigen Gesicht, aufgenommen nach dem Abbruch der Welthandelskonferenz im mexikanischen Cancún, geht in diesen Tagen um die Welt. Das Scheitern des Wirtschaftsgipfels scheint ihm Recht zu geben. Doch einiges spricht dafür, dass seine Einschätzung nicht zutrifft.

Die Globalisierung schreitet jetzt zwar langsamer voran als vor dem New-Economy-Crash und dem 11. September 2001. Vielleicht werden auch die Verhandlungen zur Liberalisierung des Welthandels ein paar Jahre dahinsiechen. Wie aber geht es dann weiter? Die drei alten Zentren des Welthandels – Japan, Nordamerika und Europa – stellen sich darauf ein, dass sie die Interessen der bevölkerungsreichsten Staaten – China, Indien und Brasilien – nicht ignorieren können. Schon allein deshalb nicht, weil die alte Welt möglichst ungehinderten Zutritt zum Markt der neuen Welt erhalten will. Im Gegenzug aber werden die Subventionen der Industrieländer fallen, mit denen sie ihre Landwirtschaft unterstützen, die Nahrungmittelproduktion der Schwellenländer behindern und die der Entwicklungsländer ruinieren. Je selbstbewusster die neuen Weltmächte auftreten, desto mehr werden die Staaten des Nordens akzeptieren, dass Globalisierung keine Einbahnstraße für Handel und Entwicklung ist. Und sie werden lernen, Wohlstandsverluste hinzunehmen, die beim Streichen von Agrarsubventionen unvermeidlich sind.

Für diesen großen Prozess ist es unwichtig, ob jetzt erst einmal eine Phase beginnt, in der Verträge zwischen einzelnen Staaten größere Priorität genießen als weltweite Verhandlungen. Auch die Entwicklungsländer werden davon profitieren, was die Schwellenstaaten durchsetzen. Die Globalisierung ist nicht tot, die Zunahme des Welthandels nicht gestoppt. Freilich deutet nach Cancún einiges darauf hin, dass Vorteile und Nachteile in Zukunft etwas gleichmäßiger über den Globus verteilt sein werden. HANNES KOCH