DIE GEWERKSCHAFTEN LEHNEN DEN BÖRSENGANG DER BAHN ZU RECHT AB : Überfällige Kurskorrektur
Lange hat sich der Deutsche Gewerkschaftsbund um die Frage gedrückt, ob die Bahn an die Börse soll und ob sie in diesem Fall das Schienennetz behalten darf. Nun gibt es doch eine gemeinsame Stellungnahme der Gewerkschaften: Per Vorstandsbeschluss lehnte der DGB den geplanten Börsengang der Bahn ab. Gefordert werden mehr staatliche Investitionen in das Schienennetz.
Mit seinem Beschluss gegen den Börsengang der Bahn hat der DGB-Bundesvorstand indirekt klargestellt, was nicht Aufgabe von Gewerkschaften sein kann: die Interessen eines einzelnen Unternehmens zu vertreten. Genau das hatte die Eisenbahnergewerkschaft Transnet unter der Regie ihres Vorsitzenden Norbert Hansen bisher gemacht. Wenn die Bahn an die Börse geht, muss sie das Schienennetz bekommen, forderte Transnet. Eine fatale Position. Denn wenn die Bahn AG das Schienennetz bekommt, könnte sie missliebige Konkurrenten leicht vom Markt fernhalten. Das Ergebnis wäre eine Struktur, die an den deutschen Strommarkt erinnert: wenige Anbieter, denen auch noch die Netze gehören, kein Wettbewerb, steigende Preise. Nicht umsonst fordert die EU gerade die Trennung von Lieferanten und Netzen.
Auf Druck vor allem von IG Metall und Ver.di hat der Deutsche Gewerkschaftsbund Transnet jetzt zurückgepfiffen. Mehr als den kleinsten gemeinsamen Nenner haben die Gewerkschaften mit der Ablehnung des Börsengangs freilich nicht erreicht. Transnet wird damit leben können – schließlich war es schon länger „Plan B“ der Eisenbahner, den Börsengang ganz abzulehnen, wenn die Bahn die Schienen nicht bekommt.
Der DGB will nun bis zum April eine ausführliche Stellungnahme zur Zukunft der Bahn erarbeiten. Das wird kaum reichen: Offenbar müssen die Gewerkschaften auch wieder diskutieren, was ihre Aufgaben sind und wie sich die Interessen der Erwerbstätigen von denen eines Unternehmens unterscheiden. Was gut ist für die Deutsche Bahn AG, die sich ohnehin immer mehr als internationaler Logistikkonzern sieht, muss verkehrspolitisch noch lange nicht sinnvoll sein. DIRK ECKERT