DIE GESELLSCHAFTSKRITIK : Wolkige Aussichten
WAS SAGT UND DAS? Streaming- dienste wie Spotify treiben die Entdinglichung von Musik voran
Es müsste immer Musik da sein“, sagte Floyd (Frank Giering) im Coming-of-Age-Drama „Absolute Giganten“. Schauspieler Giering ist nicht mehr da – er starb 2010 –, aber Floyds Wunsch hat sich erfüllt. Musik ist zu einem ständigen Begleiter geworden – dank iPod und Smartphone.
Und die Evolution schreitet unablässig voran: Gestern ist der schon in zwölf Ländern verfügbare Musikstreamingdienst Spotify auch in Deutschland gelauncht – eine Kampfansage an die MP3, wie auch schon der deutsche Konkurrent Simfy. Nach dem Willen der Spotify-Verantwortlichen droht der Musikdatei das gleiche Schicksal wie LP, MC und CD: eine Verdrängung in die Nische. Nicht weniger als „das Betriebssystem für Musik werden“ will der schwedische Anbieter, der dabei ganz auf die soziale Komponente des Musikhörens setzt – etwa durch eine Facebook-Anbindung, über die man Musik mit Freunden teilen kann. Spotify macht also da weiter, wo das lieben Menschen geschenkte Mixtape aufgehört hat – und auch wieder nicht. Denn Streamingdienste heben die Entdinglichung von Musik auf eine neue Stufe. Hat man die Songs auf dem iPod noch mit sich rumgetragen, gehört einem bei Spotify nur noch der Account und die Musik schwebt irgendwo in einer digitalen Wolke. Dank Offlinemodus können einmal geladene Songs auch ohne Internetverbindung gehört werden.
Der gefühlte Unterschied zwischen Besitz und Zugriffsrecht, hoffen die Macher, wird immer kleiner, je besser die Internetzugänge werden. Die Chancen auf einen Siegeszug des Streamings stehen nicht schlecht: Wer hätte vor zehn Jahren die CD schon so schnell abgeschrieben? DENK