DIE GESELLSCHAFTSKRITIK : Bleichgesicht
WAS SAGT UNS DAS? Für das Magazin „Numéro“ posiert Ondria Hardin als „African Queen“. Die Schwarze ist eine Nummer zu bleich, ihre dunkle Haut bloß Make-up
Die afrikanische Schönheitskönigin in der Märzausgabe des Modemagazins Numéro blieb nicht unbemerkt. Alles schien perfekt an diesen Fotos von Sebastian Kim – bis auf ein Detail: Das dunkelhäutige Mädchen, das in exotisch angehauchten Kleidern aus bunten Wax-Stoffen und mit Ethno-Schmuck für ihn posiert hat, ist eine Weiße. Sie wurde für die Fotoserie als „African Queen“ verkleidet und von Kopf bis Fuß braun angemalt.
Dennoch ist unter diesem Afrolook die 16-jährige amerikanische „Caucasian“ Ondria Hardin erkennbar. Sie hatte schon für einen Skandal in der Model-Welt gesorgt, als sie erst 13-jährig für Prada posierte. Jetzt steht sie erneut im Zentrum einer Polemik, sogar eine Petition für mehr authentische schwarze Mannequins auf den Laufstegen der Haute Couture zirkuliert. Natürlich hätte es in den Books und Katalogen der Agenturen nicht an echten schwarzen Models gemangelt. Dass Kim also für sein Shooting ein weißes Model mit Schminke in eine „Afrikanerin“ verwandeln ließ, muss folglich eine tiefere Bedeutung haben. Denn eine dicke Schicht Make-up verwandelt ein Bleichgesicht noch lange nicht in eine afrikanische Prinzessin. Muss man daraus schließen, dass eine schöne Afrikanerin letztlich aussehen soll wie eine angemalte Europäerin? Die Mode fabriziert Idole und Ideale. Schon so wollen unter dem allzu eurozentristischen Modediktat viele Dunkelhäutige dank Chemie heller werden, andere wiederum lassen sich sogar von Chirurgen den Image-Normen aus anderen Kontinenten angleichen. Darum trifft Kim bei seinem provokativen Spiel mit Farben und Exotik ästhetisch daneben. RUDOLF BALMER, PARIS