DIE GESELLSCHAFTSKRITIK : Man gönnt uns ja sonst nichts
WAS SAGT UNS DAS? Schnaps erleichtert schwere körperliche Arbeit, finden Richter in Portugal
Wer säuft, schuftet besser. Mit dieser nüchternen Begründung haben drei Richter am Arbeitsgericht Porto den Fahrer eines Müllautos und seinen Helfer freigesprochen. Sie waren mit 1,7 beziehungsweise 2,3 Promille durch die Stadt gefahren, dabei fiel der Helfer vom Fahrzeug.
Das Müllunternehmen entließ den Betrunkeneren. Nach dem Urteil musste ihn die Firma aber wieder einstellen. Begründung der Richter: „Unter Alkohol kann der Arbeiter die Widrigkeiten des Lebens überwinden und viel leichter Kühlschränke auf das Lastauto wuchten.“ Das Arbeiten bei der Müllabfuhr sei nicht einfach, ein „fröhlicher Arbeiter“ „sehr produktiv und ein exzellenter und schneller Entsorger von Haushaltsgeräten.“
Schnaps, um den Arbeitern das Los zu erleichtern, kennt man sonst eher aus den Beschreibungen frühindustrieller Ausbeutung, etwa aus Émile Zolas „Germinal“, einem Roman über französische Bergarbeiter des 19. Jahrhunderts. Unmenschliche Verhältnisse, Tod und Hunger überall, und in der raren Freizeit wurde gesoffen. Schnaps war gerade billiger geworden und verbreitete sich als Alltagsgetränk so schnell wie sich die Ständegesellschaft auflöste. Steht es in der Eurokrise noch schlimmer als wir ahnen? DAS