DIE GESELLSCHAFTSKRITIK : Die Stille nach dem Knall
Was sagt uns das? Der Freispruch im Fall Kachelmann ist seit Freitag rechtskräftig – na und?
Die Älteren werden sich erinnern – an einen Prozess, zu dem das ganze Land eine Meinung hatte. Ein bekannter Wettermoderator war angeklagt, eine seiner zahlreichen (Ex-)Freundinnen vergewaltigt zu haben. Die Medien stürzten sich auf den Fall und warfen sich auf die eine oder die andere Seite – und damit ihren Berufsethos über Bord. Ein Gesellschaftsmagazin leistete sich ein Exklusivinterview mit der Nebenklägerin, eine Wochenzeitung kuschelte mit dem Anwalt des Angeklagten. Monatelang schien es kein wichtigeres Thema zu geben. Nach dem Freispruch des Wettermoderators aus Mangel an Beweisen wich das Interesse wie die Luft aus einem geplatzten Fahrradreifen. Ein kurzer Knall. Und vorbei.
Am Freitag nun haben – von der Öffentlichkeit unbeachtet – die Mannheimer Staatsanwaltschaft und die Nebenklägerin ihre Revision zurückgezogen. Der Freispruch für Jörg Kachelmann (Foto) ist rechtskräftig. Ein Mann ist von einem Vorwurf entlastet, der sein Image weiter belasten wird – und die Zeitungen drucken nicht mehr als Kurzmeldungen. Warum auch?
In einer Verfilmung von Kachelmanns Fall käme der endgültige Freispruch wenn überhaupt auch nur als Randnotiz im Abspann vor. Die Geschichte ist erzählt. Wir waren alle dabei und sind längst woanders. „Den Medien“ die Schuld für unser erlahmtes Interesse zu geben, wäre heuchlerisch. DENK