DIE GESELLSCHAFTSKRITIK : Abgezockt
Was sagt uns das? Nintendo will an den Werbeeinnahmen der Let’s Player auf YouTube mitverdienen
Wenn Felix Kjellberg zockt, ist er nicht allein. Etwas mehr als 34 Millionen Menschen haben seinen YouTube-Kanal abonniert. Dort lädt der Schwede alias PewDiePie regelmäßig Clips hoch, Mitschnitte davon, wie er Videospiele spielt, in denen er jeden seiner Schritte kommentiert. In seinem Fall heißt das in erster Linie, hysterisch und total übersteuert ins Mikrofon zu brüllen.
Dem japanischen Spiele- und Konsolenhersteller Nintendo passt das gar nicht in den Kram. Denn bei den Let’s-Play-Kanälen geht’s bei all dem Gekreische auch um Geld. Nämlich um Werbeeinnahmen. Nintendo geht dabei bisher leer aus. Deshalb pocht der Konzern seit Längerem auf sein Urheberrecht. Bereits im 2013 verschickte die Firma entsprechende Verwarnungen an Let’s Player. Die Drohung: Entweder ihr nehmt die Videos aus dem Netz, oder wir schalten unsere eigene Werbung davor.
Nun hat der Konzern „eingelenkt“: Mithilfe eines „Creators Programms“ sollen die Betreiber der Let’s-Play-Kanäle ab 27. Mai mit Nintendo „zusammenarbeiten“. Heißt: Der Konzern will künftig die Werbeeinnahmen von YouTube kassieren, die bislang die Spieler einstreichen. Und dann – nach genauer Prüfung – 60 bis 70 Prozent davon an die Let’s Player auszahlen. Das klingt erst mal fair, auch wenn der Deal außer acht lässt, dass an den Werbeeinahmen der Gamer sowieso schon YouTube und teils auch Netzwerkkanäle mitverdienen.
Bei genauerer Betrachtung heißt Nintendos „Angebot“ aber nur eines: Der Konzern hat den Schuss nicht gehört. Eine authentischere Form der kostenlosen Werbung gibt es nicht. Die Spiele-Clips sind keine gerippten Filme. Wer einen Blockbuster streamt, geht hinterher nicht mehr ins Kino. Stimmt. Aber wer ein Let’s-Play-Video guckt, will trotzdem noch spielen – vor allem dann, wenn dem Kommentator das Spiel gefällt. So wie Modeblogger, die sich über ein neues Kleidungsstück freuen, oder Feuilletonisten, die ein Buch in der Zeitung besprechen. Sie müssen ihre Werbeeinnahmen oder Honorare nicht mit Konzernen und Verlagen teilen. Im Gegenteil: Oft bekommen sie den Fummel oder das Buch sogar geschenkt. MARLENE HALSER