DIE DREI FRAGEZEICHEN : „Kein einheitliches Erbrecht“
WANN? Seit elf Tagen ist Malaysia Airlines 370 mit 239 Menschen verschollen. Ein Drittel von ihnen kommt aus China
taz: Frau Bu, blieben Passagiere und Crew verschwunden, welches Erbrecht würde gelten?
Yuanshi Bu: Die Todeserklärung wird von den Nationalstaaten der betroffenen Passagiere unterschiedlich geregelt. Hierzu besteht kein einheitliches internationales Recht. Vielmehr bestimmt die Staatsangehörigkeit, der Wohnsitz oder der gewöhnliche Aufenthaltsort der verschollenen Person, welches nationale Recht zur Anwendung kommt.
Ab wann können Angehörige chinesischer Passagiere diese für tot erklären?
Grundsätzlich darf eine verschollene Person auf Antrag der betroffenen Angehörigen vom Gericht für tot erklärt werden. Dafür muss die Person normalerweise für länger als vier Jahre verschollen sein. Wenn die Verschollenheit durch einen Unfall verursacht wird, darf die Todeserklärung zwei Jahre nach der Verschollenheit oder jederzeit beschlossen werden, sobald die zuständige Behörde bescheinigt, dass die verschollene Person nicht mehr am Leben sein kann.
Wann können sie mit dem Erbe rechnen?
Das Gericht muss nach der Antragsannahme eine Suchanzeige öffentlich bekanntmachen. Die Meldefrist beträgt im Regelfall ein Jahr, bei Unfällen nur drei Monate. Das Gericht kann mit einem Urteil die Todeserklärung beschließen, wenn nach dem Fristablauf nicht sicher festgestellt werden kann, dass die verschollene Person noch am Leben ist. Mit dem Urteil der Todeserklärung können die Angehörigen mit dem Erbe beginnen. Da es unter den antragsberechtigten Angehörigen eine Reihenfolge gibt, zunächst Ehepartner, dann Eltern und Kinder, müssen die an erster Stelle stehenden Angehörigen erst mal den Antrag stellen, damit es überhaupt zu einem Urteil der Todeserklärung kommt.
INTERVIEW: LAG
■ Yuanshi Bu, 37, ist Professorin für Internationales Wirtschaftsrecht an der Uni Freiburg