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Archiv-Artikel

DIE DEUTSCHE POLITIK INSTRUMENTALISIERT DEN TERROR Gesteigerte Einigkeit

Kann eine Koalition einiger als einig sein? Vor rund zwei Wochen ließen die Regierungspartner Union und SPD wissen, bei der geplanten Anti-Terror-Datei seien sie im Wesentlichen einig, das entsprechende Gesetz werde im Herbst folgen. Kaum hatte die Meldung über die Festnahme mutmaßlicher Terroristen in London das politische Berlin erreicht, war bloße Einigkeit nicht mehr genug. Ein SPD-Innenpolitiker erklärte, die neuen Entwicklungen hätten die Einigkeit „gesteigert“.

Derlei sprachlicher Nonsens lässt zumeist Rückschlüsse auf die Qualität der Gedanken zu. Das gilt auch für die stereotype Forderung der CDU nach dem Einsatz der Bundeswehr im Inland. Warum Heer, Marine oder Luftwaffe besser als Polizei oder private Sicherheitsdienste in der Lage sein sollten, das Gepäck von Reisenden nach flüssigem Sprengstoff zu durchsuchen, bleibt das Geheimnis von Unionspolitikern. Vielleicht, weil die Luftwaffe dank ihrer Transall-Maschinen über Erfahrungen im Luftverkehr verfügt? Oder weil man Nagellack am sichersten mit Hilfe eines Fuchs-Spürpanzers auf seine Echtheit überprüft?

Nicht frei von Komik sind freilich auch die Versuche der Linkspartei, dass Geschehen jenseits des Ärmelkanals für ihre eigenen politische Zwecke zu instrumentalisieren. Nur ein Mindestlohn fürs Sicherheitspersonal und der Verzicht auf weitere Privatisierungen könne die Sicherheit des Luftverkehrs in Zukunft garantieren, glaubt die Fachfrau der Fraktion – nicht ohne dem politischen Gegner bei dieser Gelegenheit „forschen Aktionismus“ vorzuwerfen. Fragt sich nur: Könnte eine strikt staatliche Flugsicherung tatsächlich vom Tower aus einen Düsenjet am Explodieren hindern? In diesem Fall wäre wohl selbst die FDP von der Allmacht des Staates zu überzeugen.

Reden die Politiker aller Parteien so leichtfertig daher, weil sie sich einen Anschlag in Deutschland nicht wirklich vorstellen können? Oder geht es im Gegenteil eher darum, dass sich jeder Staat vor allem dadurch legitimiert, dass er seinen Bürgern Sicherheit verspricht? Offenbar erzählen die handelnden Politiker deshalb lieber Unsinn, als offen zu sagen, dass es diese letzte Sicherheit eben nicht gibt. RALPH BOLLMANN