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Archiv-Artikel

DIE CSU KANN FROH SEIN, DASS SIE GLOS UND SEEHOFER HAT Die Stoiber-Krise ist noch nicht vorbei

Parteien haben es im Gegensatz zu Fußballvereinen gut. Zwar versuchen sich auch die Klubs in Selbstbeschwörung, aber trotzdem kommen sie mit einer Packung nach der anderen nach Hause. Politiker dagegen können, wenn sie monatelang verloren haben, plötzlich im Brustton der Überzeugung erklären, dass die Krise beendet sei. Ab sofort gewinnen sie dann wieder, die Journalisten transportieren die Botschaft und die Partei rückt in der Tabelle nach vorn.

Dem gebeutelten Bavaria-Team von Trainer Edmund Stoiber scheint das gerade gelungen. Der Verein war seit dem Herbst letzten Jahres ein Abstiegskandidat, der Coach ein Looser, den keiner mehr haben wollte. Plötzlich ist überall wieder zu lesen, dass Stoiber eine für Bayern unentbehrliche „Kraftmaschine“ sei, von den gleichen Schreibern, die ihn vor kurzem noch in den Orkus stoßen wollten. Und schon ist eine neue Umfrage da: CSU vorn. Dabei ist dazwischen überhaupt nichts passiert und Stoiber hat sich kein bisschen geändert.

Die Wintertagung im legendären Wildbad Kreuth ist der CSU der rechte Anlass, die angebliche Wiedergeburt zu feiern. Es ist die Klausur der Bundestagsabgeordneten, denen die CSU zumindest einen kleinen sachpolitischen Aufschwung verdankt. Sie ist mit ihren neuen Spitzenleuten Horst Seehofer und Michael Glos gut aufgestellt. Beide bilden ein Tandem, wie es mit Stoiber nicht zu bilden gewesen wäre. Seehofer, ein Allrounder, der Prokura für alle Themen reklamiert, die er beherrscht, wird in der CDU gefürchtet. Glos, sehr schnell von der Wirtschaft akzeptiert, hat dagegen beste Kontakte zur Kanzlerin und kann geschickt austarieren.

Das allein macht aber das Kraut noch nicht fett. Die Widerstandsnester, aus denen jederzeit wieder auf Stoiber gefeuert werden könnte, sitzen in der Landtagsfraktion, deren Mandatare den engen Kontakt zur weiterhin verstörten Basis zu halten haben. Erst Mitte Januar, wenn die Landtagsabgeordneten in Kreuth tagen, wird der wahre Zustand der CSU zu besichtigen sein. Im Dezember, bei der 60-Jahr-Feier, ist die CSU noch in Eiseskälte auseinander gegangen. Eine Wintertagung macht noch lange keinen Sommer. MICHAEL STILLER