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Archiv-Artikel

DIE CSU BEREITET SICH AUF DIE ZEIT NACH STOIBER VOR Mir san mir

„Zeit für den Wechsel“ – das war der Slogan der CSU während des Bundestagswahlkampfs. Eine Regierungspartei muss schon mutig sein, um so etwas auf ihre Plakate zu schreiben. Verstanden werden sollte der Appell natürlich nur bezogen auf die Berliner Verhältnisse. Verstehen konnte man ihn aber schon damals auch bezüglich Bayerns. Und angesichts der aktuellen Lage, die zutreffend als „bayerische Chaostage“ beschrieben wird, wird die Parole mittlerweile genau so verstanden.

Denn in Bayern herrscht Wechselstimmung. Edmund Stoiber muss sich nach der Entscheidung, doch lieber an der Isar bleiben zu wollen, nicht nur aus der CSU-Fraktion kaum verbrämte Rücktrittsforderungen anhören. Auch Provinzpolitiker, deren Berufsbekleidung sonst der Maulkorb ist, kritisieren nun ihren Ministerpräsidenten. Das ist überraschend für einen Politiker, der bis vor kurzem so unangefochten war, wie sonst niemand in Deutschland. Dessen „Äh …“ Ausdruck von Machtfülle waren. Nicht etwa von Unsicherheit. Reicht als Erklärung für die harsche Kritik an Stoiber, dass der CSU-Chef Land und Partei in den vergangenen Jahren viel, zu viel vielleicht, zugemutet hat? Dass er mit einer Verwaltungsreform die Kommunalpolitiker brüskiert hat? Dass bayerische Politik immer mehr aus einsamen Entscheidungen aus der Münchner Staatskanzlei bestand? Dass eher der Laptop herrschte als die Lederhose?

Das alles sind Gründe für die jetzigen Angriffe gegen Stoiber. Der eigentliche Grund aber ist die Wechsellaune des Ministerpräsidenten selbst. Berlin oder Bayern: Trotz aller hehren Worte, die Stoiber jetzt über die Lippen gehen, hat er in den letzten Monaten seiner Partei nur bedeutet: Bayern ist mir eine Schuhnummer zu klein. Die Partei antwortet nun auf die alte bayrische Art: Mir san mir. Und niemands Schuh.

In Bayern ist die Zeit für den Wechsel angebrochen. Seine eigene Nachfolge hat noch kein bayerischer Ministerpräsident selbst geregelt. Das hat immer die CSU getan – nach Goppel, nach Strauß, nach Streibl. Und so wird es auch nach Stoiber sein.

JÖRN KABISCH