DIE BESCHLÜSSE DER INNENMINISTER HELFEN ERST EINMAL NUR WENIGEN : Kleiner Fortschritt im Bleiberecht
Den Innenministern ist ein Überraschungscoup gelungen. Im Streit um eine Bleiberechtsregelung für langjährig geduldete Ausländer ist jetzt zumindest eine Teileinigung gelungen, und die Zugeständnisse sind wesentlich größer als bisher erwartet. Alleinstehende Ausländer, die sich seit acht Jahren in Deutschland aufhalten und die ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten können, sollen unverzüglich ein Bleiberecht erhalten. Bei geduldeten Familien reichen sechs Jahre Aufenthalt in der Bundesrepublik aus. Die geplanten Arbeitsgenehmigungen entlasten das Sozialsystem, und die Betroffenen erhalten die Chance, sich besser zu integrieren. Nicht die Migration ist das Problem in Deutschland, denn die Zahl der Zuwanderer ist seit Jahren rückläufig, sondern die Integration.
Die Innenminister befinden sich auf dem richtigen Weg, um die Integration von Ausländern besser zu unterstützen. Aber es ist eine einmalige Aktion, die zeitlich begrenzt und nur für Menschen gilt, die schon lange hier sind. Was zunächst nach einem Aufeinanderzugehen der Innenminister aussieht, ist es nicht: Die jetzt vorgelegte Regelung ist kein freiwillig gesuchter Kompromiss. Denn hunderttausende Menschen dauerhaft im juristischen Niemandsland zu belassen ist mit dem EU-Recht nicht vereinbar.
Auch wenn die neue Regelung an sich ein Fortschritt ist – übertrieben großzügig ist sie dennoch nicht. Lediglich 20.000 Menschen werden von der geplanten Änderungen sofort profitieren, etwa 40.000 bekommen die Chance, sich bis zum 30. September 2007 eine Beschäftigung zu suchen. Dann sollen sie eine Aufenthaltserlaubnis für zwei Jahre erhalten. Bei ohnehin schon etwa 4 Millionen Arbeitslosen könnte die Suche nach der bleiberechtsrelevanten Beschäftigung zu einer Sisyphusarbeit werden. Insgesamt leben etwa 200.000 Geduldete in Deutschland. Für alle diejenigen, die nicht von der Sofortlösung profitieren, sollen weitere Regelungen erst noch gefunden werden. Der überwiegende Anteil ist also weiterhin mit dem zermürbenden Prozess der Kettenduldung konfrontiert. CIGDEM AKYOL