piwik no script img

Archiv-Artikel

DIE AUSBILDUNGSPLATZABGABE IST NUR EINE SYMBOLISCHE STRAFE Valium für die Sozialdemokraten

Nach dem Ultimatum von Gerhard Schröder an die Wirtschaft fehlen noch immer knapp 24.000 Ausbildungsplätze. Die Selbstverpflichtung der Unternehmer, bis zum Herbst für genügend Lehrstellen zu sorgen, hat also nichts genützt. Da Schröder im März die Zustimmung seiner Partei zur Agenda 2010 erkaufen wollte, hat er für diesen Fall die Einführung einer Zwangsabgabe versprochen. Jetzt muss der Kanzler seine Ankündigung wahr machen. Das hat wenig mit Lehrstellen, aber viel mit den politischen Kräfteverhältnissen zu tun. Die CDU will die Reformen im Vermittlungsausschuss zuspitzen, um sie für die Linke ungenießbar machen. Wenn die SPD trotzdem zustimmen soll, muss ihr der Kanzler politisches Valium anbieten. Die Droge heißt Lehrstellenabgabe.

Ob durch sie tatsächlich mehr Ausbildungsplätze entstehen, wird sich allerdings erst noch zeigen müssen. Denn um einen Anreiz für mehr Ausbildung zu schaffen, müsste die Abgabe sehr hoch sein. Genau dies ist politisch kaum durchsetzbar. Bleibt die zu zahlende Summe jedoch vergleichsweise niedrig, werden sich Unternehmen, die keine Lehrlinge einstellen wollen, lieber freikaufen. Die Ausbildungsplatzumlage ist dann eine symbolische Strafe, die zwar der Regierung ein paar Sympathien, aber keinem Jugendlichen eine Lehrstelle bringt. So oder so könnte die Abgabe ihren Preis haben: Gerade in der Krise warnen Ökonomen vor neuen Steuern und Abgaben, die auf die Konjunktur drücken. Im schlimmsten Fall könnten Ausbildungsplätze dann Arbeitsplätze kosten, weil die Unternehmen ihre Mehrausgaben durch Rationalisisierung ausgleichen. Das ist der Grund für Schröders langes Zögern.

Die wirkliche Gefahr aber ist eine andere. Sie besteht darin, dass die Abgabe eine viel wichtigere Diskussion verhindern könnte. Viele Jugendliche lernen in der Schule zu wenig, um als Lehrlinge von Nutzen zu sein. Sie gelten als „nicht ausbildungsfähig“. So lange die Regierung nicht für eine bessere Bildungspolitik sorgt und so Anreize für eine Einstellung schafft, wird eine Lehrstellenabgabe allein das Problem nicht lösen. ANDREAS SPANNBAUER