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Archiv-Artikel

DEUTSCHLAND SOLLTE IM LIBANON FÜR KEINE DER SEITEN PARTEI ERGREIFEN Makler für den Machtkampf gesucht

Dass sich der deutsche Außenminister am Vorabend seines Besuchs im Libanon direkt an die dortige Öffentlichkeit wendet, stellt eine Premiere dar. In einem Beitrag, der in zwei libanesischen Tageszeitungen zugleich veröffentlicht wurde, begründete Steinmeier das deutsche Engagement im Libanon und versicherte der Regierung Siniora seine Unterstützung. Leider kommt seine Stellungnahme zu einem äußerst ungünstigen Zeitpunkt.

Das Auswärtige Amt, das seine Bürger gerne vor Reisen in Krisengebiete warnt, sollte diesmal vielleicht seinen eigenen Dienstherrn von seiner Reise in den Libanon abhalten, der gegenwärtig in einer tiefen Krise steckt. Denn alles deutet auf eine Entscheidungsschlacht zwischen dem Oppositionslager, das von der Hisbollah angeführt wird, und dem Regierungsblock hin. Dabei geht es um einen doppelten Richtungskampf: Einerseits zwischen den Anhängern der Achse Teheran–Damaskus und solchen der Achse Washington–Riad. Andererseits kämpfen die verfeindeten Parteien auch um eine neue Verteilung der Macht, die der Hisbollah und ihren christlichen Verbündeten ein Vetorecht in der Regierung einräumen soll.

Das Land ist in zwei Lager gespalten, und keine der Parteien kann für sich ein alleiniges Vertretungsrecht beanspruchen. Folglich bringt jede Parteinahme für eine der beiden Seiten das Land näher an den Rand eines Bürgerkrieges. Die Forderungen der internationalen Gemeinschaft nach einem Ende der syrisch-iranischen Einmischung in Libanon sind berechtigt. Doch dies darf nicht dazu dienen, das Land in eine Einflusssphäre der USA und Saudi-Arabiens zu verwandeln.

Die offene Unterstützung für das Regierungslager ist daher schwerlich in Einklang zu bringen mit den Bemühungen der Bundesregierung um eine dauerhafte Lösung der Krisen in der Region. Denn die Libanesen brauchen einen möglichst neutralen Vermittler, um sie in ihrem Selbstzerstörungstrieb zu bremsen und den Konsens zwischen ihren politischen Kräften zu fördern. Deutschland scheint für diese Rolle noch nicht bereit zu sein.

ABDEL MOTTALEB EL HUSSEINI