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Archiv-Artikel

DER WIRTSCHAFTSMINISTER ÜBT IN SACHEN POPULISMUS Heldenhafter Glos

Na, das hört sich ja mal wieder wunderbar an. Da hat der Bundeswirtschaftsminister einen Gesetzentwurf vorgelegt, der vorschreibt, dass sich die Netzentgelte für Strom und Gas künftig an den Preisen des jeweils günstigsten Unternehmens zu bemessen haben. Und darüber hinaus will Glos allen Unternehmen auch noch alljährlich einen Rückgang der Preise um 1,5 Prozent aufs Auge drücken. Zugleich aber sollen die Unternehmen weiterhin in die Netze investieren, denn schließlich soll ja auch die Versorgungssicherheit verbessert werden. Kurz: Das neue Glos-Gesetz ist die Eier legende Wollmilchsau des Energiemarktes.

Bisher hatte die Bundesregierung der Bundesnetzagentur die Aufgabe anvertraut, die Netzentgelte zu prüfen, und gegebenenfalls – was in der Praxis die Regel war – diese zu kürzen. Dabei orientierte sich die Netzagentur stets an den Eigenarten des betreffenden Versorgungsgebietes. Und sie leistete dabei gute Arbeit: Häufig konnte sie die Entgelte um zweistellige Prozentzahlen kürzen. Sie ging mitunter nahe an die Grenze des Verträglichen, aber eben nicht darüber hinaus. Denn schließlich wollte sie nicht den Verfall der Infrastruktur riskieren.

Glos aber will jetzt mehr. Er will sich den Wählern als Retter der Energiepreise präsentieren und deswegen Netzgebühren senken – auf Teufel komm raus. Deswegen präsentiert er einen Gesetzentwurf, bei dem purer Populismus die Feder geführt hat. Schließlich gilt jeder Politiker als Held, der vorgibt, irgendwelche Preise zu senken.

Absurd ist vor allem die Vorstellung, die Entgelte könnten jährlich per Gesetz um 1,5 Prozent gesenkt werden. Glaubt Glos wirklich, der Unterhalt einer Infrastruktur lasse sich per Anweisung verbilligen, ohne dass irgendwann Mängel aufträten? Man stelle sich nur vor, der Gesetzgeber würde beschließen, weniger für den Unterhalt der Straßen zu bezahlen – niemand würde glauben, dass das ohne Zunahme der Schlaglöcher ginge. Sollte sich Glos durchsetzen, würde man es langfristig merken: Die Schlaglöcher der Stromwirtschaft sind der Stromausfall. BERNWARD JANZING