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Archiv-Artikel

DER STÖRFALL IN SELLAFIELD ZEIGT: ATOMKRAFT BLEIBT UNBEHERRSCHBAR Schluss mit der Atomausrede

In der Wiederaufarbeitungsanlage im britischen Sellafield ist mal wieder ein Unfall passiert. Diesmal sind unbemerkt 83.000 Liter hochradioaktiven Wassers ausgelaufen. In den betroffenen Tanks wird der gebrauchte Brennstoff aus deutschen AKWs bilanziert. Erst als diese Bilanz überhaupt nicht mehr ausgeglichen war, sahen die Verantwortlichen genauer hin. Der Störfall ist eine Katastrophe für die britische Atomindustrie, die gerade versucht, Kernkraftwerke wieder hoffähig zu machen. Man kann hoffen, dass wenigstens die Skandalanlage in Sellafield endlich geschlossen wird.

Nun werden die hiesigen Atomkraftfreunde wieder auf die berüchtigte Schlamperei in Sellafield verweisen und darauf, dass in anderen westlichen Ländern so etwas nicht passieren könnte. Das ist Unsinn. Es gibt weltweit keine Wiederaufarbeitungsanlage, die nicht periodisch von Unfällen heimgesucht würde. Und die nicht mit staatlicher Genehmigung Wasser und Luft in großem Ausmaß verseuchen darf. Wer eine Atomfabrik eröffnet, handelt sich zwangsweise Radioaktivität in der Umwelt ein. Dasselbe gilt für den Regelbetrieb eines AKWs, wenn auch in geringerem Maße.

Trotzdem laufen derzeit weltweit Kampagnen für eine Renaissance der Atomkraft. Neuerdings ist das Killerargument die angeblich Rettung der Erde vor dem Treibhauseffekt durch AKWs. Das ist der blanke Schwachsinn, denn die Ziele des Kioto-Vertrags und andere Klimaverpflichtungen sind erreichbar ohne AKWs. Die wichtigen Bereiche hier sind Verkehr, Heizung und der Ablauf industrieller Prozesse. Der Bau von AKWs ist nur eine teure und gefährliche Ablenkung auf dem Weg zu einer weniger vom Energieverbrauch abhängigen Volkswirtschaft. Wenn die Briten das Geld für Bau, Betrieb und Sanierung der Atomfabrik in Sellafield für erneuerbare Energien und Energiesparen ausgegeben hätten, wären sie nicht nur die weltweit führende Nation auf diesem Gebiet, sie hätten auch viele Arbeitsplätze geschaffen und wären ein Vorbild für jene Länder, die einen Ölkrieg nach dem anderen durchstehen müssen. Es ist Zeit, mit der Atomausrede Schluss zu machen. REINER METZGER