DER STAAT KANN DAS RECHTSEXTREMISMUS-PROBLEM NICHT LÖSEN : Autoritäres Wunschdenken
Mecklenburg-Vorpommern hat einen Radikalenerlass gegen Rechtsextreme verhängt. Mitglieder von Parteien, die vom Verfassungschutz beobachtet werden, sollen weder ein Dorf regieren noch die Feuerwehr leiten dürfen. Doch der starke Auftritt des Staates wird das Problem nicht lösen.
Der Traum vom omnipotenten Staat beflügelt seit einiger Zeit die zuständigen Politiker. Die sind von der Auseinandersetzung mit den Neonazis ebenso gefrustet wie ein Großteil der Menschen im Land. Trotz aller Initiativen gegen rechts, trotz des Aufstandes der Anständigen: Die NPD sitzt in zwei Landesparlamenten. Ihre Anhänger prügeln immer rücksichtloser, grölen ihre Meinung immer lauter, die Zahl der rechtsextremen Strafteten ist so hoch wie seit fünf Jahren nicht mehr. Kein Wunder, dass die Diagnose lautet: Die Zivilgesellschaft ist überfordert. Die Therapie heißt: mehr Staat.
Familienministerin von der Leyen will die Arbeit gegen Nazis an die Kommunen abgeben, Mecklenburg-Vorpommern die Gesinnung überprüfen lassen und Sachsen-Anhalt gleich ein NPD-Verbot. Diese Maßnahmen vermitteln das Gefühl, es würde etwas gegen Rechtsextremismus getan. Tatsächlich aber sind bei dieser Medizin die Nebenwirkungen stärker als der Nutzen: Sie befördern das Wunschdenken vieler Menschen, die Auseinandersetzung mit den Neonazis ließe sich an irgendjemanden abgeben. Sie gaukeln vor, dass sich ein in der Gesellschaft tief verwurzeltes Problem per Dekret lösen lässt. Und: Sie basieren auf dem gleichen autoritären Denken, das auch DVU und NPD auszeichnet.
Dass es eigentlich anders geht, weiß auch Mecklenburg-Vorpommern. Das Land hat als eines der wenigen dafür gekämpft, dass die bisherigen Programme gegen den Rechtsextremismus fortgeführt werden. Die Programme, die es in jahrelanger Arbeit geschafft haben, zur kulturellen Hegemonie der Rechtsextremen Alternativen aufzubauen. Und die deutlich gemacht haben, dass die Auseinandersetzung gegen die Neonazis aus der Bevölkerung selbst kommen muss, wenn sie eine Aussicht auf Erfolg haben soll. DANIEL SCHULZ