DER RUSSISCHE PRÄSIDENT, DIE ARMBANDUHREN UND DIE STEUER : „Uhren eines Kleptokraten“
Nebensachen aus Moskau von KLAUS-HELGE DONATH
Die Steuererklärungen der russischen Elite sorgen jedes Jahr von neuem für Unterhaltung. 2011 will der Kremlchef umgerechnet 112.000 Dollar verdient haben. Nun ist Wladimir Putin aber ein Freund teurer Uhren, und die Auswahl der Chronometer, die er im Laufe seiner zwölfjährigen Amtszeit am Arm trug, ist ein Vielfaches dessen wert, was er offiziell verdiente. Das behauptet die Bewegung Solidarnost in ihrem Videoclip „Uhren eines Kleptokraten“. Der frühere Vizeregierungschef und heutige Oppositionelle Boris Nemzow stellt darin gar die Überlegung an, dass der Präsident insgesamt sechs Jahre für seine Sammelleidenschaft gefastet haben müsste. Die Kollektion sei mindestens 700.000 Dollar wert.
Früher war Putin häufig mit einer Patek Philippe Perpetual Calendar für rund 60.000 Dollar zu sehen. Aus dem Hause Blancpain gehört die Léman Aqua Lung zu seinen Favoriten. Mit 10.500 Dollar ein günstiges Modell, das er auch schon mal einem Hirtenjungen schenkte oder im Betonguss eines Kraftwerks versenkte. Für einen „hart schuftenden Galeerensklaven“ (Putin über Putin) ist indes ein Tourbograph aus der Werkstatt A. Lange & Söhne der adäquate Zeitmesser. Mit Saphirglas und Platin kostet er eine halbe Million Dollar. Dieses Modell hat den Vorteil, beliebig viele Zwischenzeiten auf Sechstelsekunden stoppen und addieren zu können. Wohl genau das Richtige für Putin, der mit Vorsatz verspätet und nur zur eigenen Krönungsfeier rechtzeitig erscheint.
Uhren sind für Russlands Parvenüs Statuszeichen wie Goldkettchen im Bahnhofsmilieu. Wer etwas auf sich hält, spart nicht bei der Anschaffung. Die Uhr am Arm erzählt mehr als ihr Träger. Sie gibt Auskunft über Vermögensstand, Grad der Abgebrühtheit und Empfänglichkeiten. „Porträt mit Uhr“ steht für ein eigenständiges fotografisches Genre. Uhrenträger – wie wohlhabend auch immer – sollten jedoch darauf achten, nicht mehr am Arm zu tragen als der Chef. Bislang war es nur Silvio Berlusconi, der Putin mit einer Vacheron für mehr als eine halbe Million Dollar erblassen ließ.
Gerüchteweise heißt es inzwischen, der russische Präsident habe bei ebendiesem Schweizer Uhrenhersteller auch ein Modell in Auftrag gegeben: „Vladimir“ (Kosten: 6,5 Millionen Dollar) ein Folgemodell des „Sputnik“. Dafür soll er seine IWC Big Pilot endgültig abgelegt haben. Denn für Wladimir Putin geht der Flug weiter. Die Vacheron zeigt auch Mondphasen an.