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Archiv-Artikel

DER RECHTE RAND WIE GÖTTINGEN GEGEN DAS SINGEN VON NAZI-LIEDGUT VORGEHEN WILL Verbotene Lieder

In der Göttinger Gaststätte „Bullerjahn“ im ehemaligen Ratskeller wurde eine Tradition von Studentenverbindungen wiederbelebt. Anfang November kamen mehr 250 Studenten und Ehemalige aus 19 Verbindungen zusammen, um gemeinsam zu trinken und zu singen. Bis Ende der 70er-Jahre fand dieser Bullerjahn-Liederabend, der nach dem Göttinger Musiker Rudolf Bullerjahn benannt ist, jede Woche statt.

In Göttingen haben sich nach der Wiederbelebung dieses Liederabends Anwohnerbeschwerden über Alkoholexzesse und massive Lärmbelästigung in Verbindungshäusern gehäuft. Betrunkene Burschenschaftler sollen immer wieder auch das verbotene Horst-Wessel-Lied anstimmen, die Parteihymne der NSDAP.

„Es sind vermehrt Zuschriften und Beschwerden eingegangen“, sagte Patrick Humke, stellvertretender Stadtratsfraktionsvorsitzender der Linken. Nach dem Willen der Ratsmehrheit soll die Stadt Göttingen auf Antrag der Linken nun schärfer gegen das Singen von Nazi-Liedern durch studentische Verbindungen vorgehen. Auch andere Rechtsverletzungen von Burschenschaften wie Eigentumsdelikte, Urinieren in Hauseingängen und wiederholte nächtliche Ruhestörungen müssten unterbunden werden, heißt es in einem Beschluss des Kommunalparlamentes.

Im Bullerjahn sei laut Humke nicht bloß fragwürdiges Burschenschaftsliedgut angestimmt worden, sondern ab einem gewissen Alkoholpegel auch die erste Strophe des Deutschlandliedes.

In ihrem Antrag hob die Linke hervor, dass sie trotz des „elitären Gebarens der Burschenschaften, ihres befremdlichen Menschen-, insbesondere Frauenbildes und ihrer anachronistischen Rituale“ nicht über alle Verbindungen gleichermaßen den Stab brechen wolle. Nur ein kleiner Teil der CDU und die Piratenfraktion stimmten dem Antrag nicht zu.

ANDREAS SPEIT

■ arbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland