DER KLEINE ALLTAGSRASSISMUS : Ohne Tuch? Ohne mich!
■ 14, besucht die neunte Klasse eines Gymnasiums in Wilhelmsburg und ist in Hamburg geboren. Seit zwei Jahren trägt sie das islamische Kopftuch.
Es ist kalt und windig. Mein buntes Kopftuch habe ich fest umgewickelt und stehe aufgeregt vor der Tür einer Arztpraxis. Nein, ich bin nicht krank und werde jetzt auch nicht behandelt. Ich möchte hier mein erstes Schulpraktikum machen. Eine Zusage habe ich schon. „Jetzt müssen noch die letzten Details abgesprochen werden“, hatte mir die Sekretärin am Telefon gesagt. Ich war schon ganz hippelig und voller Vorfreude auf dieses Gespräch. Ich will ja Ärztin werden, mein Traumberuf!
Als ich die Praxis betrete, werde ich freundlich empfangen und setze mich ins Wartezimmer. Es kribbelt in meinem Bauch. Sollte alles klappen. Ich kenne die Ärztin schon seit vielen Jahren. Die meisten ihrer Patienten sind Muslime, viele tragen ein Kopftuch.
Endlich kommt die Ärztin, eine blonde, etwas ältere Dame, in das Wartezimmer. „Hallo Saregül!“, begrüßt sie mich. „Komm doch bitte in mein Büro.“ Ich lächle verkrampft und folge ihr. Dabei gehe ich im Kopf unser Gespräch durch. Das muss klappen. Dieses Praktikum ist mir so wichtig! Noch bevor wir in ihrem Büro ankommen bleibt sie mit dem Rücken zu mir stehen. Abfällig bemerkt sie: „Das Kopftuch müsste aber ab.“
Schock! Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Mein Kopf ist leer. „Danke“, sage ich schließlich. „Wir brauchen das Gespräch nicht weiterzuführen.“ Und verlasse die Praxis. Enttäuscht. Draußen ist es kalt und windig. Mein Kopftuch ist fest umgewickelt. SAREGÜL SUBASI