DER DEUTSCHE SPORT HAT EIN NEUES HAUPTVERWALTUNGSAMT : Floskeln, Phrasen, hohle Worte
Der Mehrkampf der Funktionäre endete mit einer neuartigen Disziplin: Abschaffung des Nationalen Olympischen Komitees NOK und des Deutschen Sport-Bundes DSB. Weil die doppelte Auflösung am Samstag in Köln fast reibungslos über die Bühne ging, durften die deutschen Medaillenwächter stolz ihr neues Sporthauptverwaltungsamt vorstellen: den Deutschen Olympischen Sport-Bund DOSB. Alle sind sie nun unter einem Dach: die olympischen Ringe, der Spitzensport und auch die Interessenvertreter der bewegten Masse.
Im Vorfeld war oft die Rede von Fusion, Verschlankung und wachsender Effizienz. Mit dem Vokabular von Wirtschaftsprüfern gingen die Fusionäre auf Stimmenfang, ohne große Visionen verbreiten zu können. So hat sich der deutsche Sport vereinigt wie ein Paar, das von den Eltern zwangsverheiratet wurde. Weil der neue Dachverband noch ohne Führung und ohne klare Perspektive ist, ergehen sich die Fürsprecher der Fusion in Floskeln, Phrasen und hohlen Worten. Einmal werden Anleihen bei Willy Brandt genommen: Man habe zusammengefügt, was zusammengehöre. Ein andermal wird feinstes Funktionärsdeutsch gesprochen: „Wir brauchen die Balance der Spitze mit der Breite und die Balance der Breite mit der Spitze.“
Was nun wirklich besser wird im deutschen Sport, bleibt Spekulation. Werden bald schon mehr Plaketten gewonnen? Schrumpft der Wasserkopf? Gibt es ein lean management? Details wurden nicht bekannt gemacht, Fragen gingen im Jubel der Funktionäre über sich selbst unter. Mit eingestimmt in die Eigenlobeshymne hat die Politik, Großsponsor der Medaillenjäger. Zufrieden mit der neuen Sportzentrale ist auch die Wirtschaft.
Viele Sportfunktionäre indes mussten erst von den Vorteilen des Zentralkomitees überzeugt werden. Doch nachdem die Mehrheit für den Verbund votiert hatte, priesen auch sie den historischen Tag des deutschen Sports. Ob es ein solcher war, wird sich aber erst in ein paar Jahren zeigen, wenn der DOSB seine Lieblingsdisziplin veranstaltet: Wiegen von Edelmetall. MARKUS VÖLKER
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