DER DEUTSCHE CHORVERBAND VERGREIFT SICH IM BILD : Das Ausbluten und die Kinder
BERLIN taz | Was für ein blutrünstiges Lied ist dem Deutschen Chorverband denn da in den Sinn gekommen: „Maria durch den Dornwald ging“? In einer Pressemitteilung, die von der Interessenvertretung der Chöre am Donnerstag verbreitet wurde, heißt es: „Bundesministerium lässt Singprojekte für Kinder ausbluten.“ Gemeint ist das Bundesbildungsministerium, das offenbar Fördergelder nicht auszahlt. In der triefenden Überschrift wird ein uraltes Klischee bedient. Das Bild von den Kindern, die ausbluten, kennen wir aus der „Ritualmordlegende“, die auch „Blutgerücht“ genannt wird. Dabei werden gesellschaftliche Minderheiten der Kindestötung durch Ausblutenlassen beim Schächten bezichtigt. Traditionell zielen derartige Verleumdungen auf Juden, Zigeuner und Muslime. Und jetzt wird dies unauslöschliche Hassbild in die Politik übertragen. Da bleibt einem ja vor Ekel ein ganzer Dornenwald im Hals stecken.